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Ueber

die Pflichten

des

Ripien- Violinisten,

von

Johann Friederich Reichardt,
Königl. Preußischen Capellmeister.

Berlin und Leipzig,
bey George Jacob Decker, 1776,

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Fast allgemein wird das Amt des
Ripienisten geringe geschäßt:

man sehe hier aber, wie viel zu einem recht guten Ripieniften gehöre, und man wird ihn besser schäßen lernen. Ein guter voller Ton; ein sicherer und doch gelenkiger Bogen; Fertigs keit und Sicherheit in der Versehung der Finger; die genaueste Kenntniß und Ausübung der Verzierungszeis chen, Vorschläge und ihrer Geltung; die genaueste Beobachtung der vorges schriebenen Stärke, Schwäche und aller Nuancirungen derselben; das Vermögen voraus zu sehen, wozu U 2 Ge

Gedächtniß und Dreistigkeit, hauptsächlich aber Gewißheit in sich selbst gehöret, Festigkeit im Takte, und endlich die größte Gewissenhaftigkeit in Ausübung der vor sich habenden Noten. Dieses sind die Haupteigens fchaften eines guten Ripienisten.

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wollen sie kürzlich einzeln abhandeln.

I. ·

Vom guten vollen Ton.

Wir

Der gute Ton wird nur dadurch her. vorgebracht, daß jeder Finger vôlig auf seiner Stelle steht, nicht ein Haar zu hoch oder zu tief, daß der Druck der linken Hand so stark als möglich sey, und daß der Bogen in gerader Linie fortschreite, daß er nicht zu nahe am Stege, auch nicht zu weit davon geführt wird, daß er fest gehalten, aber nicht zu fest auf die Saiten gez druckt wird, daß die vollen Haare, und nicht, wie gewöhnlich, nur die Seis

tens

tenhaare, auf die Saiten kommen, und daß der Bogen nicht immer auf den Saiten ruhe, sondern wo es man weiterhin sehen wird ift, abgezogen werde.

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wie erlaubt

Gründe. Jeden Finger völlig auf feine Stelle zu sehen ist nicht nur des Reingreifens, sondern vorzüglich des gus ten, hellen und vollen Tons wegen, noth wendig. Der Ton kann für das feinste Gehör schon rein fenn denn auch das feinste Gehör, das Vierteltöne, und den achten und sechzehnten Theil eines Tones noch unterscheidet, kann doch den zwey und drenßigsten und vier und sechzigsten Theil eines Tons nicht mehr unterschefs den, und dennoch kann vielleicht nur der hundert und zwanzigste Theil eines Tones fehlen, um den gegriffenen Ton hell und und voll zu machen, welches nur durch die vollkommene Erschütterung geschiehet.

Daß der Druck der linken Hand so stark als möglich seyn müsse, ist darum nothwendig, weil dieser Finger, indem A 3

er

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