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Du bist ein seliger Geist, und ich bin an ein seuriges Rad gebunden, welches meine eigenen Thränen gleich zerschmolzenem Bley erhitzen. “

Man sieht es sehr leicht, daß der alte Mann noch
nicht wieder seiner mächtig ist; und wie sehr hierinn
Chakespear nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit
zu Werke gevangen, wird jeder Vecbachter sehr leicht
finden. Auf Anrathen des Arzts laßt man ihn
einige Augenblicke ruhig; und nun hebt er an:

Where have I been? where am I? fair day-light!
I'm mightily abus'd; 1 thould even die with Pity,
To fee another thus. I know not what to fay;
I'll not fwear, thefe are my hands: let's fee,
I feel this pin prick: 'would I were affur'd
Of my condition.

Wo bin ich gewesen? Wer bin ich? Schönes
Tagelicht! Ich bin sehr übel zugerichtet!
einen andern so zu sehen, könnte mich vor Mits
leid sterben machen. Ich weis nicht, was ich
sagen soll; ich wollte nicht schwören, daß dieses
meine Hände find. Laßt sehen, ich fühle diesen
Ich wollte, ich wäre gewiß,

Nadelkich.

--

was ich bin. "

Hier sagt die betrübte Tochter :

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strecket eure Hand zum Segen über mich aus!“ und der alte Mann, statt aller Antwort, kniet nieder. Hieraus läßt es sich abnehmen, wie sehr geschwächt,

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wie sehr heruntergedrückt der Geist des Lear, durch den vorhergehenden Zustand, geworden war; seine Raserev hat das bisgen Kraft, das er noch übrig von Alter und Unglück hatte, ganz vernichtet; e schien nur in den vorigen Scenen bisweilen thatig und stark, weil er rasete; nun diese Raserey an fångt nachzulassen, sieht man die traurigen Wir kungen, die sie auf ihn gehabt hat. Und das Gefühl von dem Unrecht, das er dieser Gestalt (Cordelien) gethan, vereinigt sich mit dieser natúr, lichen Schwäche. Als seine Tochter ihn aufstehen

heißt: so antwortet er:

Pray, do no mock me!

I am a very foolish fond old Man,

Fourfcore and upward; and to deal plainly,

I fear, I am not in my perfe& mind.

Methinks, I should know you, and know this man;
Yet I am doubtful: for I'm mainly ignorant,

What place this is; and all the skill I have,
Remembers not these garments: nay I know not
Where I dit lodge laft night. Do not laugh at me,
For, as I am a man, I think, this lady
To be my child Cordeli..

Ich bitte euch, spottet meiner nicht! Ich bin
ein sehr thörigter, weichherziger alter Mann,
achtzig und drüber, und, aufrichtig zu seyn, ich
fürchte, ich bin nicht bey meinem völligen Ver
stande. Mich dunkt, ich sollte euch und diesen
Mann

Mann (Kent) kennen, und doch zweifle ich; denn ich weis gar nicht, was für ein Ort dies ist, und so sehr ich auch mich besinne, kenne ich diese Kleider nicht; nein; ich weis nicht, wo ich in der letzten Nacht übernachtete.

Lacht

nicht über mich; denn, so wahr ich ein Mamm bin, ich denke, diese Dame ist mein Kind Cordelia."

nunft,

Man sicht hier die allmählige Rückkehr der Ver und die guten Wirkungen, die das Umwechseln der Kleider so wohl, als der Schlaf, hervorgebracht hat.

finnen.

Er sångt an, sich zu bes

Als Cordelia, weinend, ihm antwortet: fo

fagt er:

Be your tears wet? Yes, faith; I pray you, weep not.

If you have poifon for me, I will drink it;

I know, you do not love me; for your fifters
Have, as I do remember, done me wrong,
You have fome caufe, they have not.

„Eind eure Thränen naß? Ja, bey meiner Treue! ich bitte euch, reinet nicht mehr. Wenn ihr Gift für mich habt, so will ichs trinken. Ich weis, ihr lieber mich nicht; denn eure Schwestern haben, wie ich mich erinnere, mir übel begegnet; ihr habt einige Ursache, sie nicht,"

Man sieht, daß sein erstes Besinnen zugleich das Erinnern, an sein gelittencs, und auch an sein gethanes Unrecht ist. Er scheint mißtranisch zu kom, ob auch eine Tochter wirklich weinen ken ne? ein Zug, der ganz vortreflich den Zustand seiner Seele ausdrückt. Er ist und bleibt übrigens im mer noch unruhig und verwirrt; unbekannt mit seiner ganzen Situation, is, als wenn er bis jett nichts, als geschlafen hätte; und nun erwacht wäre. Er weis nicht, wo er ist; und, um ihn durch mehrere Bewegung und Zerstreuung zu heilen, führt man ihu ab, indem er sagt:

You must bear with me:

Pray you now, forget and forgive;

I am old and foolish.

Ihr müßt Geduld mit mir haben! Num, ich bitte cuch, vergeßt, und vergebt; ich bin alt und altern. •

Ich höre hier mit der innern Geschichte des alten Lear auf, ohngeachtet, bis an den Ausgang seines Lebens und des Trauerspiels, noch mancherley Betrachtungen über die Kunst seines Dichters zu machen waren. Vicleicht hab' ich vielen Lesern aber schon jcht zu viel gesagt? Diejenigen, die ta glauben, daß dies wohl deßwegen möglich sen, weil man den Shakespear in sich selbst studiren müsse,

haben

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haben Recht; und nur um dies Studium zu erleich. tern, oder dazu aufzumuntern, hab' ich mir es nicht verwehren wollen, einen Theil der Kunst zu ents wideln, mit welcher der Engländer diesen Charakter behandelt hat. Es bleibt aber immer noch im Dichter felbst viel zu lernen übrig. Wir haben keine solche Bühne, als die Engländische es ist. Wenn wir also nicht die Shakespearsche Behand lung der Charaktere auf dem Theater nüßen können: se ist sie uns doch im Reman erlaubt. Und um hierauf aufmerksam zu machen, hab' ich che ein Beyspiel aus diesem Dichter, als vielleicht das Bey. spiel der Clementina aus dem Grandisen wählen wellen. Ich weis, daß lange nicht alle Zuge, die ich hier herausgehoben habe, und vielleicht die mehrsten nicht, geradeswegs das Gefühl des Erhabenen in uns erzeugen; sie wechseln zu sehr mit bloß ruhrenden ab; und das Leiden des alten Lear ist zu groß, als daß wir nicht dadurch mit heruntergedrückt werden sollten; aber ich habe nichr als eine Ursache gehabt, nur diese Zuge, so wie sie da sind, aufzustellen. Einmal hab' ich schon verhin gesagt, daß eine ganze Reihe von Vorstellungen, die alle das Gefühl des Erhabenen allein in uns erzeugen, ans zu sehr anstrenge, um uns auf die höchste Art zu vergnügen; und daß daher die Einmischung sanfterer und rührenderer Vorstellungen nothwendig R 2

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