(Die in seinen Vermischten Schriften enthaltenen Lehrgedichte, wovon ich ein andres aus der zweiten Klasse unten mittheilen werde, find reife Früchte eines mit ächter und gründlicher Weisheit genährten dichtrischen Geistes.)
Gedanken über den Streit zwischen Verz nunft und Glauben.
Was wirkt, o Heermann, doch den unglücksvolken
Der Glauben und Vernunft so lange schon entzweit? Wie ists? verträgt das Buch, das wir als göttlich preis
Die scharfe Probe nicht von Schlüssen tiefer Weisen? Verdient man eher nicht, daß uns der Schöpfer lehrt, Als bis man die Vernunft, die er uns gab, verschwört?
Mit Rechte wird bei euch des Zankes Grund gesu chet,
Du, der des Glaubens lacht; du, der der Weisheit fluchet;
Der, wenn er die Vernunft mit steifen Füssen tritt, Meint, es geschehe. Gott ein großer Dienst damit: Und der will muntern Wiß und scharses Denken zeigen. Des Glaubens Spotter sein, ist großen Geistern ei gen;
Und beide folgen nur, wohin ihr Wahn sie reißt, Den der Vernunft benennt, und jener Glauben heißt. Verlangt nicht, wollt ihr uns der Gottheit Willen leht
Als ein prophetisch Wort, was ihr nur sagt zu ehren; Gleicht euren Feinden nicht, die ihr den Glauben schmäht,
Und richtet nicht davon, wovon ihr nichts versteht.
Der Schöpfer will uns nicht die Macht zu denken, Kästner.
Doch heischt er nicht von uns zu wissen, nur zu glaus
Wozu er uns bestimmt, wodurch man ihm gefällt, Wie das Gewissen Ruh, die Seele Troft erhält, Bemüht sich die Vernunft vergebens zu ergründen, Und wird, entdeckt sie was, nur ängstlich Zweifel fin:
Wie um den Himmel sich der leichte Milchweg zieht, Sieht unser Auge dort, und weiß nicht was es sieht, und daß den weißen Glanz ein Heer von Sonnen schi. cet,
Hat ein Demokritus errathen nicht erblicket;
So ward auch manchem Geist, der über andre steigt, Viel, was der Chrifte, glaubt, durch die Vernunft ges zeigt,
Noch dunkel, ungewiß, nicht wie der Glaube lehret, Den selbsten die Vernunft, mit eignen Lallen-ehret. Wem gleicht ihr, die ihr hier Vernunft alleine nennt? Dem, dessen bloßes Aug des Milchwegs Sterne kennt; Hier müßt ihr euch so gut, als eure Gegner finden, Die sich um mehr zu sehn, die Augen fest verbinden.
Ein forschender Berstand, der sich im Denken übt, Die Wahrheit untersucht, und nur Beweise liebt, Würd oft ein Christe sein, und unsrer Kirche nüßen, Und gründlich und geschickt die Lehren unterstützen, Die wahr und richtig sind: So aber wenn er hört, Daß unser Glaube nichts, als solche Säße lehrt, Bei denen die Vernunft, mit Gründlichkeit und Wiss fen,
Vertrieben und verdammt, dein Glauben weichen müst Ten.
Tritt er sobald zurück; denn das ist offenbar, Was die Vernunft ihm sagt, hålt er gewiß währ. Wenn Glauben und Vernunft einander widerspre
So ist der Glaube falsch.
Die Schuld von dem Ver: brechen,
In das der Freigeist fällt, gehört dem Lehrer zu, Der auf den Freigeist schmäht; o ließ er ihn in Ruh! O hört er einstens auf, die Weisheit zu verfluchen! Der Freigeist würde bald die Lehren untersuchen, Die man für heilig hält; und ihrer Wahrheit Licht Durchstralte seine Brust. Doch so geschieht es nicht, So scheut er sich so gar, die Bibel anzurühren, Aus Furcht der Menschheit Werth auf einmal zu verlie
Nein göttliche Vernunft, nie ward dein wahrer Freund
Auf eigne Kräfte kühn, der Offenbarung feind. Geleitet durch dein Licht, bis an der Menschheit Gräns zen.
Doch ungelehrter Stolz, den du nur selten führst, Merkt nicht, wie weit du gehst, noch wo du dich vers lierst.
Du lehrst vom Menschentand die Offenbarung trennen, Du lehrst uns ihren Zweck und ihren Werth erkennen.
Nicht darum gab sie uns der Schöpfer, der uns liebt,
Daß ein Erfinder sich an ihr in Schlüffen übt; Im weiten Raum der Welt, im Abgrund unsrer See len
Laßt uns den Gegenstand von unserm Forschen wählen, Die Lehre, welche selbst die Einfalt führen soll, Mach kühne Neugier nicht von schweren Fragen voll. Auch Seelen, welche nicht gleich Weisen denken können, Will unumschränkte Huld ein ewig Glücke gönnen. In einem Labyrinth, wo ihm der Faden fehlt, Irrt der verwegne Sinn, der sich mit Forschen quålt. Der Glaube, unbemüht, die Kenntniß zu vergrößern, Erleuchtet den Verstand, nur um das Herz zu bessern. Genug, daß man so viel von seinen Lehren merkt, Als in uns Trieb und Kraft für unsre Pflichten stärkt; Genug, daß wir in dem, was Menschen nicht ergrün den,
Nichts widersprechendes und tiefe Weisheit finden.
Genug, daß unser Geist die Lehren höhrer Art, Die er noch Stückweis lernt, auf eine Zeit bewahrt, Wo er, vom Nebèl frei, der jeßund ihn umringet, In den Zusammenhang mit schärfern Blicken dringet. So faßt ein zartes Kind des Vaters Unterricht, Erreicht sein schwächer Sinn der Lehren Grund noch nicht,
Es glaubt, und wird dadurch nur jeho vorbereitet, Bis es mehr Einsicht einst bei reiferm Alter leitet. O glücklich, wen Vernunft, so wie der Glaube lenkt? Der beider Werth verehrt, und wenn er glaubt auch denkt.
Als göttlich wird bei ihm nicht alte Meinung gelten, Die Freunde der Vernunft wird er nicht Kezer scheiten. Den Freigeist, welcher sonst des Eifrers Zorn verlacht, Hat er durch Grund und Schluß zum Glauben oft ges
Und selbst ein schwächer Sinn lernt mehr durch seine Lehren,
Als Gott, gedankenlos, mit heilgen Formeln ehren.
Hier zeigt sich dir dein Bild, Freund, Lehrer der Vernunft,
O glichen, Heermann, dir doch alle deiner Zunft! Sie nennen sich wie du. Doch sollten wir oft schwören, Sie wären ausgesandt, die Unvernunft zu lehren. Die Weisheit dieser Welt aufe årgste zu verschmåhn, Muß man ihr Meister sein, und nichts von ihr versteht. Doch Geister deiner Art pflegt, troß der kleinen Seelen, Sich zur Verherrlichung die Vorsicht stets zu wählen.
(Johann Friedrich Freiherr von Cronegk, (geboren 1730, geft. als Anspachischer Hofrath und Kammerjunker, 1758,) besaß für das Lehrgedicht vorzügliche Talente, deren dllige Ausbildung ein zu früher Tod vereitelte. Sowohl in seinen beiden Gedichten, die er Linsamkeiten überschrieb, als in feinen übrigen kürzern Stücken dieser Art, herrschte ein entschiedener Hang zum weisen Nachdenken, und ein gewiffer, oft zu schwermüthiger Erüft, verbunden mit vieler Stärke, Ründung, Feinheit und Wohlklang des Vortrages. Einige von diesen Gedichten haben mehr eine satirische WenĐung.)
Der Zeiten Erstgeburt, o Frühling, komine wie
Belebe die Natur, belebe meine Lieder!
Der Hain steht wartend da; die ganze Gegend schweigt: Der Winter, der noch stürmt, und seine Herrschaft
Verschließt das Landvolk noch in den berauchten Hütten. Der Wandrer, starr vom Frost, eilt mit geschwindern Schritten
Sum båurisch stillen Heerd. Im Wald streckt unbe laubt
Die hohe Fichte dort ihr Eis beschwertes Haupt Bis an die Wolken hin, die früh sich niedersenken. Wie traurig ist die Welt! o füßes Angedenken! Hier war es, wo der Lenz, als er vorhin gelacht, Die stillen Gegenden zum Paradies gemacht! Hier war es, wo mich sonst die junge Rose krönte, Und wo der Wiederhall von Chloens Namen tonte. Ist dieses noch der Hain, ist dieses noch der Baum, An dem zur Mittagszeit mich oft ein füßer Traum
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