v. Hagedorn, Der Reichthum, der vertheilt so vielen nüßen würde, Und aufgethürmtes Gold sind eine todte Bürde,
Bis sie ein Menschenfreund, den nicht ihr Schein er
zu vieler Glück beseelt und in Bewegung seht.
Die Kunst versteht Fatill, der, Großen nachzuah; men,
Reichsgräflich kauft und baut, und einen edlen Namen, Nach dem sein Diener oft so edel ist als er,
Durch Aufwand edler macht, und zu vergessen schwer. Er lebet ritterlich, und seines Reichthums Quellen Berrauschen schnell und stark, gleich jenen Wasserfällen, Die seiner Gårten Schmelz, durch Kosten eitler Pracht, Weit mehr, ale durch Geschmack, berühmt und stolz ger macht:
Wo in Cybelens Mund sich Schaum und Strahlen krümmen,
Die Liebesgötter spein und Huldgöttinnen schwimmen, Und in dem Grottenwerk, das eine Fama stüßt, Vulcan im Schwall erstarrt, Neptun im Trocknen fißt.
Bielleicht verkleidet er, den Pöbel zu verblenden, Den unbemerkten Geiz in schimmerndes Verschwenden. O nein! der Schmeichler Lob bläht seinen Uebermuth, Und seine Hoffart wirkt, was nie sein Mitleid thut. Sein Stolz hilft andern auf, weil sie ihn glücklich nens nen,
Und ist den Künsten hold, auch ohne sie zu kennen. Er stimmt die Tugenden der sprdden Sängerin, Troß aller Heischerkeit, trotz allem Eigensinn; Bereichert durch den Preis, den er Verdiensten zahler, Die Nadel, die ihm stickt, den Pinsel, der ihn mahlet, - Und was er andern nicht an baarer Gunst erweist, Das ziehet, der ihm baut, und der ihm niederreißt, Und stets mit blindem Fleiß, so bald er es befiehlet, In Kammern Pflaster seht, und nur die Sale diehlet, Ihm stellt ins Schlafgemach, das er allein erfand, Die Säulenordnung Rom, Paris die Spiegelwand,
Bor der, in hellem Erzt und stufenweis' erhöhet, Der lächelnde Fatill auf schwarzem Marmor stehet.. Ein flitternd Blumenwerk bebt um des Fensters Fach. Den nahen Pferdestall bedeckt ein kupfern Dach. Nicht weit von diesem ruht, der Baukunst zum Erems pel,
Auf Pfeilern deutscher Art ein Göttervoller Tempel; So prachtig, daß der Stolz, den Kennern zum Vers druß,
Hier nichts der Kunst geweiht, als bloß den Ueberfluß: So offen, daß, so bald der Nord die Zinn erschüttert, Der bange Jupiter mit allen Bligen zittert,
Daß jüngst ein Regenguß Minerven fast verschwemmt, Und daß ein Wiedehopf: Doch hörcht! der Haus: herr tömmt:
Er kömmt! Es meldet ihn, und seines Glücks Genoss Ten,
Das rasselnde Geräusch raschrollender Karossen. Sein Schwemmer fåhrt vorauf, aus dem der große Mann
Sein wichtiges Gesicht den Leuten zeigen kann,
Die, wann sie seinen Zug auch nur von weitem hören, Bewundernd stille stehn, und ihn mit Grüßen ehren. Nun sind die Gäste da. Er führt sie allzumal, Nach langem Wortgèprång, in seinen Tafelsaal, Zum wohlschattirten Tisch, wo Trachten seltner Speis sen
Den fürstlichen Geschmack des theuren Kochs erweisen. Und wo von allen doch den schwülstigen Fatill Kein Reh, kein Ortolan, kein Rebhun reizen will. Der Ekel darf ihm gar die frischen Bachforellen, Den-gelblich rothen Lachs, den Meerkrebs ißt vergåls
Ihm, den die saure Laßt so vieler Schmåuse preßt, Schmeckt nicht die Ananas, noch Tunquins Vogelnest. Warum? Er muß bereits sein hochansehnlich Leben Dem Koch nicht anvertraun, nur Aerzten untergeben. Es überfällt ihn schon mit wütender Gewalt Der reuerfüllte Schmerz, der Scheinlust Hinterhält. Der Hunger fliehet ihn, wie er die Arbeit scheuet, Die Reizung bester Art, die jenen Stand erfreuet, Beisp. S. 2, B.
v. Hagedorn. Der weidlich sich bewegt, såt, ackert, erndtet, drischt, Gråbt, pflanzet, wässert, walzt, schwimmt, rudert, Flößt und fischt.
O Glück der Niedrigen, der Schnitter und der Hirten, Die sich in Flur und Wald, in Trift und Thal bewirs then,
Wo Einfalt und Natur, die ihre Sitten lenkt, Auch jeder rauhen Kost Geschmack und Segen schenkt!
Was kann sich zum Genuß ein mürber Schlemmer
Mann Kihel, Echårf und Saft der sprdden Zunge feh Ten?
Dem Habicht, und nicht dir, o Thor, schmeckt der Fas fan,
Auf deffen Zucht und Hut du so viel Geld verthan. Der feisten Karpen Saß, die dir nur Ekel bråchten, Gebührt mit größerm Fug den weit gesündern Hechten. Schmauß, aber schmauß im Traum: sonst weist der res ge Stab
Des strengen Rezio die Speisen von dir ab. *) Im Traum? Doch ach! die Zeit erweckt dir neuen Kummer:
Den Hunger nahm sie dir; sie raubt dir auch den Schlummer.
Es schleicht der åchte Schlaf den Federpfühl vorbei, Ist falschen Städtern falsch, und treuen Bauren treu,
*) Doctor Peter Rezio von Aguero, gebürtig aus eis nem Dorfe Tirteafuera, welches zwischen Caruquel und Almodabar etwas auf der rechten Hand liegt, ein Mann, der auf der Universität Offona denDoctorhut erhals ten, ist aus der Geschichte der Statthalterschaft des Sancho bekannt, bei deffen Tafel er fich, als Leibarzt, einfand, und aus Sorgfalt für die Gesundheit des gnås digen Herrn fast alle Schüsseln mit seinem fischbeiners nen Stäbchen berührte, und sie, als schädlich, wegnehmen ließ. Man lese die Geschichte des Don Quixote von Mancha, im 47ften Kapitel des andern Theils, S. 513. H. fv
Und kehrt in Dörfern ein, wo des Gewissens Enge p. Hagedorn Den Handschlag sichrer macht, als alles Rechtsgepränge; Wo noch des Landmanns Mund, nach Art der alten
Frucht, Molken, Kås' und Schmalz für Hauptgerichte
Und, wann sich mit der Nacht die sichre Stille paaret, Die Ruhe gåhnend hascht, und schnarchend fest vers wahret.
Man lieget, wenn noch ist das Sprüchwort gelten soll, Auf guten Betten hart, auf harten Betten wohl, Und die Erfahrung kann durch manches Beispiel zeigen, Der Schlaf, der güldne Schlaf, sei nicht den Reichsten eigen;
Der Arbeit füßer Lohn, die so viel Gutes schafft, Der Schlaf, des Todes Bild, und doch des Lebens Kraft.
Gryphin! und du, Fatill! ersieht man in euch beis
Den Zustand wahrer Lust und dauerhafter Freuden ? Dem einen rauber Geiz, dem andern Ueberdruß, Durch lächerlichen Wahn, die Mittel zum Genuß; Und beiden kann ihr Geld nichts trefflichers gewähren, Als jenem reich zu sein, und diesem zu verzehren. Den Frieden mit sich selbst, der nimmer dem entsteht, Der durch das innre Glück das dußre Glück erhöht, Das Kleinod kennt ihr nicht. Osollt euch dieses kränken, Was könnte jenes euch für Trost und Beistand schens ten!
Hüllt euch des Schicksals Grimm, der Größre nieders schlug,
In jenes grobe Wamms, das euer Vater trug, Und sollt es eurem Gut auch nur die Hälfte nehmen ; Euch wird an Männlichkeit ein Knab, ein Weib ber schämen.
Nur Tugend, die allein die Seelen wehrhaft macht, Wird durch Gefahr und Noth nie um den Sieg ges
Eilt Verres, nach dem Bann, aus seinem Vaterlande, Sv schwärzt sein Afterglück das Laster und die Schande!
P. Hagedorn, Doch ist der starke Held, vor dem Carthago floh, Im Feld, im Capitol, im Elend Scipio.
Der Weise hat ein Lo s, das seinen Werth entscheidet? Verdienste, wo er gilt, und Unschuld, wo er leidet. Zu seinem Wesen wird vom Zufäll nichts entliehn: Recht, Wahrheit, Menschenhuld und Tugend bilden ihn. Er ist, o feltnes Glück! durch eigne Trefflichkeiten Von Vorurtheilen frei, getrost zu allen Zeiten,
Im Purpur nicht zu groß, durch Kittel nicht entehrt, Stets edler als sein Stand, und stets bewunderns werth.
Er folget der Natur, in deren schönen Werken Wir weder Mangel sehen, noch Ueberfluß bemerken. Er kennt, belacht und flieht mit rühmlichem Entschluß Den getzigen Best, den üppigen Genuß, Den irdischen Geschmack. Der Vorzug weiser Sitten Macht alles herrlicher, und adelt auch die Hütten. Gesundheit, innre Ruh, und, dußre Sicherheit, Und heiterer Verstand, das ists, was ihn erfreut. Die Weisheit wählet oft, um diesen nachzugehen, Den niedern Aufenthalt, und nicht umwölkte Höhen. Ist auch ein rauschend Glück von schweren Bürden frei, Und fällt die Wahrheit nicht der alten Fabel bei, Die ehmals Cervius, dem nie kein Mährchen fehlte, Dem schlurfenden Horaz vor seinem Herd erzählte ?*)
Zur Feldmaus kam einmal die Stadtmaus in den Wald,
In ihren dürftigen, gehöhlten Aufenthalt. Hier lebte sie genau, um Vorrath aufzusparen; Allein, weil Wirth und Gast längst gute Freunde was
Und sie, bei schmaler Kost, doch Gästen reichlich gab, So gieng auch diefesmal nichts der Bewirthung ab. Das lange Haberkorn, als ihrer Erndte Gaben, Die Richern, die sie sonst, als einen Schak, vergras ben,
Halbabgenagtes Speck, gedörrter Beeren gnug, Die sie mit eignem Mund ihm ist zur Tafel trug,
*) HORATIVS, Sermon, Lib. II, Ecl. VI.
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