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wir lernen auch schon bei der ersten flüchtigen Betrachtung, welche Stücke dieses köstlichen Vorrats Sh. am liebsten benußt; diese unterscheiden wir ohne weiteres von solchen, die er seltener zum Gebrauche heranzieht; und wenn sich bei Wörtern wie coagulation, divineness, palmy, nur eine einzige Belegstelle findet, so können wir auch sicher sein, daß er in der That auch nur ein einzig Mal nach jenen Ausdrücken gegriffen.“

Die unbedingte und lebhafte Anerkennung, welche Bernays dem großen Werke zollte, war der schönste Ehrenkranz, der Schm. zu teil werden konnte. Zwar that er seiner Gewohnheit nach nichts dazu, auf die glänzende Würdigung aufmerksam zu machen, aber wenn einer seiner Freunde, der zufällig von ihr erfahren, sie gegen ihn erwähnte, so leuchtete doch sein Auge von Freude hell auf. Seinen Dank an B. sprach er in einem Briefe aus, der von K. Lenzner in der Auglia mitgeteilt ist. Auffallen mag folgende Stelle darin: „Sie haben den Plan des Ganzen so klar und mit solchem Verständnis dargelegt, daß ich es selbst nicht hätte so gut machen können. In manchen Punkten, wo mich gewissermaßen nur der Instinkt leitete, bin ich erst durch Sie über meine eigenen Absichten ins Klare gekommen."

Seitdem Schm. ein Sechziger geworden, ging es mit seiner Gesundheit merklich abwärts. An Schlaflosigkeit hatte er schon lange gelitten, jezt traten bisweilen Schwindelanfälle ein, und es wurde ein Herzfehler konstatirt. Er, früher ein rüstiger Fußwanderer, mußte seine Spaziergänge mehr und mehr einschränken. Doch seine geistige Kraft blieb ebenso rege, wie sie bis dahin ge= wesen, und das Maß seiner Arbeitszeit ließ er sich nicht verkürzen, er sagte noch immer: „Meine größte Freude ist die Arbeit." Nur hielt er es Michael 1885 für angezeigt, seine Thätigkeit in der Schule nach 44 jähriger Dienstzeit aufzugeben und in den Ruhestand zu treten.

Er hatte wohl Grund sich ein längeres und gesundes Leben zu wünschen; er war als eine der ersten Autoritäten auf dem Felde der Sh.-Literatur anerkannt und stand in brieflichem Verkehr mit zahlreichen deutschen und englischen Genossen, welche ihm gern ihre neuen Arbeiten vorlegten und ihn um Urteil und Rat angingen. K. Lenzner nennt ihn seinen „väterlichen Freund" und so wurde er auch wohl von den anderen jüngeren Gelehrten

dieses Kreises angesehen. K. Lenzner und Robert Boyle haben ihn mehrmals in Königsberg besucht. Mit W. Herzberg, der ihm sein „erster und liebster Freund" war, hat er drei Jahrzehnte hindurch in einem zeitweise sehr lebhaften Briefwechsel gestanden, welcher in · der ersten Zeit meistens persönliche Angelegenheiten betraf, bald aber auf Grund ihrer beiderseitigen warmen Liebe für Sh. zu einem wissenschaftlichen Bande zwischen ihnen wurde, das sich in unveränderter Weise bis zu H.'s Tode 1879 erhielt. Für ihn gewährte in Schm.'s lezten Jahren R. Boyle Ersaß, dem er und der ihm sehr zugethan war. Die 9 Briefe, welche B. von Schm. erhalten, nannte er nach dessen Tode seine „Schäßze", und mit welchem Interesse er an Schm.'s Persönlichkeit hing, spricht er in einer Briefstelle nach einem kurz vorher gemachten Besuche aus: „I hardly take up your Lexicon without seeing the little wood in the valley on the Hufen (Luisenwahl) and your kind face beaming on me, as it did when you spoke of some favourite passage in Shakespeare."

1884 erhielt Schm. von seinem Verleger die Nachricht, daß die erste Auflage des Lerikons vergriffen sei. Dies freute ihn auch darum, weil ihm eine neue Auflage Gelegenheit gab, die nicht unbedeutende Zahl der Druckfehler und anderen Versehen in der ersten auszumerzen. Er schrieb: „Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, eine absolut fehlerfreie Ausgabe herzustellen und demgemäß das Werk Zeile für Zeile durchzugehn und sie auf ihre Richtigkeit zu prüfen." Man kann sich denken, wieviel Geduld und unablässig gespannte Aufmerksamkeit die Berichtigung eines fast 1500 doppelspaltige enggedruckte Seiten zählenden Buches nötig machte. Und was die Arbeit sehr erschwerte, schon die erste Auflage war stereotypiert worden, so daß die Korrekturen genau denfelben größeren oder kleineren Raum einnehmen mußten wie vorher die Fehler.

Die Krankheit wurde unterdessen immer ernster. Von Zeit zu Zeit hatte er heftige Anfälle von Asthma und seitdem erlahmte seine Arbeitskraft. 1886 schrieb er an Boyle: „Was meine Beschäftigung betrifft, so ist sie jezt wesentlich epikureischer Art. Ich lese viel, aber das wenigste zu bestimmten Aufgaben, sondern zu einfachem Genuß. So feit circa 40 Jahren wieder den Homer, und mit höchstem Entzücken." Aber er fügt hinzu: „Vielleicht fällt auch auf diesem Wege etwas für Sh. ab." Schade, daß er ver

hindert wurde, dieser Intention eines Vergleichs zwischen Homer und Sh. nachzugehn; die Aufgabe ist offenbar eine hoch interessante und hätte, mit Schm.'s Gründlichkeit und Geist behandelt, wohl dankenswerte Resultate geliefert.

Er setzte noch einige Hoffnung auf einen Sommeraufenthalt in der Schweiz, aber dort und nach seiner Heimkehr zuhause verschlimmerte sich nur noch sein Zustand. Der letzte Weg über die Straße, von seinem Arzte nur mit Bedenken zugegeben, war der zum Lokale für die Reichstagswahl, um seine Stimme für das umstrittene Septennat abzugeben.

In seiner schlimmsten Leidenszeit richtete er sich noch an heiterer Musik auf. Er war immer in Erwartung der schrecklichen Herzkrämpfe; sprechen, lesen, alles sollte und konnte er nicht. Aber wenn er so trübe war und die Töchter etwas von seinen Lieblingskomponisten Haydn oder Mozart spielten, klärte sich sein Gesicht auf, allmählich trommelte er mit den Fingern, stand schließlich auf und summte heiter mit. Seine Liebenswürdigkeit, sein reger Geist, sogar sein Humor blieben ihm fast bis zum letzten Hauche, und rührend dankbar war er für alle Dienste, die ihm in seiner Krankheit erwiesen wurden. Dem Tode sah er ruhig und gefaßt entgegen; er war fest überzeugt, daß der Tod kein Abschluß des geistigen Lebens sei, daß es ein Leben im Jenseits gebe.

In seiner lezten Sommerwohnung auf den Hufen erfreute er sich noch innig an dem Erwachen der Natur, dem Gefange der Vögel, überhaupt an allem Schönen und Guten. Endlich am 27. Juni 1887 wurde er durch den Tod von seinen schweren Leiden. erlöst. In den letzten Phantasieen sah er beständig seine „Jungchen" um sich, sprach ihnen in seiner milden Weise zu und ermahnte sie, recht aufmerksam zu sein. Seine sterbliche Hülleruht auf dem löbenichtschen Kirchhof, wo ihm als letter Tribut der Dankbarkeit seiner Schüler ein würdiges Denkmal errichtet ist. Sein vortrefflich gelungenes Bild auf demselben eine Arbeit von Professor Friedrich Reusch wird sie wohlthuend an den freundlichen Lehrer und Leiter ihrer Jugend erinnern.

C. Witt.

Voltaires Verdienste um die Einführung Shakspeares

in Frankreich.

In der reichhaltigen Schrift von Albert Lacroir: Histoire de l'influence de Shakspeare sur le théâtre français (Brüssel 1856) hat das Verdienst Voltaires um die Einführung Shakspeares in Frankreich eine sehr eingehende Behandlung erfahren. Wenn der Verfasser der nachfolgenden Blätter sich dennoch nicht scheut, diese Frage nochmals zur Sprache zu bringen, so braucht er kaum vorauszuschicken, daß es sich dabei nicht blos um eine Ergänzung und Berichtigung unwesentlicher Thatsachen handelt, sondern um eine grundverschiedene Auffassung des ganzen Verhältnisses. Die vorurteilsloseste Prüfung des Thatbestandes hat ihn dazu geführt, das von Lacroix behauptete Verdienst Voltaires so gut wie ganz in Frage zu stellen. Auf einen Irrtum der Larcroirschen Dar= stellung hat schon Hettner aufmerksam gemacht (Gesch. d. franz. Lit. im 18. Jahrh. S. 219): die Unterscheidung von zwei Perioden in Voltaires Stellung zu Shakspeare, einer Periode der freudigen Anerkennung, wo er sich bemüht haben soll, seine Landsleute mit dem englischen Dichter bekannt zu machen, und einer Reaction, in welcher er, von der einbrechenden naturalistischen Regellosigkeit des Dramas erschreckt, mit seiner eigenen Vergangenheit brach und sein Ansehn einseßte, dem Einfluß Shakspeares entgegenzuwirken. Lacroir bezeichnet das Jahr 1760 oder noch genauer die Schrift von Jerome Carré über das englische Theater (1761) als den Wendepunkt in Voltaires Anschauungsweise. Richtig bemerkt dagegen Hettner, daß das ästhetische Urtheil Voltaires über Shakspeare von Anfang bis zuletzt wesentlich dasselbe geblieben, und daß er weder in der ersten Zeit uneingeschränktes Lob für ihn

gehabt habe, noch in der späteren uneingeschränkten Tadel; daß er sich in keinem Augenblick fähig gezeigt, Shakspeares Größe zu begreifen.

Nichtsdestoweniger ist wenn auch keine Aenderung der Ansicht, so doch eine verschiedene Stimmung in Bezug auf Shakspeare bei Voltaire sehr bemerklich, zu welcher der Verfasser d. den Schlüffel gefunden zu haben glaubt, und zwar nicht erst im J. 1760, sondern bereits im J. 1735. Rein persönliche Gründe bereiteten damals eine literarische Parteistellung vor, für welche Lacroix vergebens einen tieferen Gehalt zu gewinnen sucht. Die historische Darlegung eines Verhältnisses, welches sich fast durch Voltaires ganze schriftstellerische Laufbahn zieht und ihn gerade am Anfange und Ende derselben am lebhaftesten beschäftigte, kann vielleicht zur Feststellung des Urteils über einen Mann beitragen, der noch bei Hettner bald unwahr (S. 139), bald erfüllt heißt von ernstem, rücksichtslosem Wahrheitseifer (197); bald ängstlich und abhängig von jedem Windhauch der öffentlichen Meinung, bald der Mann der rasch entschlossenen That (157). Auf keinem andern Wege wird ein solches Resultat sichrer zu erreichen sein als durch die einfachste Zusammenstellung der Thatsachen, wie sie in Voltaires eigenen Schriften vorliegen.

Die Anführungen sind nach der Gothaischen Ausgabe in 70 Bänden, 1784-89.

Die französische Literatur hatte in ihrer sogenannten klassischen Periode keine Beziehungen zur englischen. Corneille, Racine und Boileau kannten wahrscheinlich nicht einmal den Namen Shakspeares und Miltons; keiner von ihnen hielt es der Mühe wert, die englische Sprache zu erlernen. Bezeichnend für das Verhältnis der beiden Nationen in jener Zeit ist es, daß der Franzose St. Evremond, welcher 42 Jahre als Verbannter in London lebte, es niemals dahin brachte, drei englische Worte im Zusammenhange zu sprechen, während der landesflüchtige Engländer Hamilton ein Französisch sprach und schrieb, das von keinem Eingebornen übertroffen wurde*). In der That gab es für die Franzosen auch

*) Noch 1727 schrieb Voltaire (49, 11), daß ein französischer Gesandter in London selten englisch verstehe; 1733 (56, 185) Comment! M. de Caumont

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