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Den Frühlingsvogelschrei, den der Gekrönte
Vernimmt mit spig und immer spikerm Ohr;
Weß ist die Stimme, die so lustig dröhnte,
Voraus dem ganzen Gratulantenchor?

Ich schau hinab, Freund, dich, dich muß ich sehen
Mit reinlichen Knopflöchern unten stehen?

Unglaublich fast! In unserm Dichterwalde
Hauptsprosser du! Ich dachte: hat ihn schon!
warte, warte nur! denn balde, balde

Rafft er auch dich mit Haut und Haar davon.
Im Sumpf nicht blos, er aast auch auf der Halde,
Der Aar, fliegt links wie rechts, sich selbst zum Hohn.
Ja, mag es auch zum Lächeln dich bewegen,
Ich fühle wirklich Frühlingsluft sich regen.

Glaub' es auf Freundeswort, ich habe nimmer
Nach diesem Afterlohn den Blick gekehrt;
Nie hab' ich mich verleugnet, habe immer
Das gute Recht mehr als die Macht geehrt;
Nach Ehren nicht und ihrem falschen Schimmer,
Nach Ehre nur zu streben hielt ich wert;

Welch Kreuz mir auch zu tragen ist geworden,
Ich bleib' ein treues Glied vom Geister-Orden.

Es klingt, als ob Schm. jede äußerliche Anerkennung verachtet hätte, aber genauer befehn liegt der Accent auf der letzten Strophe, dem Unterschied zwischen Ehrenzeichen und innerer Mannesehre, das Vorausgehende ist nur eine etwas mutwillige, von bestem Humor zeugende Einleitung dazu. Als er später die dritte Klasse des Ordens erhielt, sprach er sogar seine Freude darüber aus.

Schm. hat, wie jeder tüchtige Mann, sein Leben lang aufs eifrigste nach Ehre gestrebt, aber in zwei Beziehungen unterschied er sich von den meisten Ehrgeizigen. Er stellte sehr hohe Auforderungen an sich und glaubte nicht eher Ehre verdient zu haben, als bis urteilsfähige Richter ihm ihren Beifall gezollt hatten. Und dann er hat eine Anerkennung, die er erfahren, nie zu verbreiten gesucht, selbst seine Freunde konnten meistens nur durch andere davon Kenntnis erhalten. Freilich war er in seinen Anforderungen an andere ebenso streng als gegen sich und daher war seine schriftliche wie mündliche Polemik nicht selten verlegend. Ein Freund sagte ihm einmal, als er im Gespräch in derben

Worten von ihm abgeführt war, er scheine den durch seine Grobheit verrufenen Samuel Johnson sich zum Muster gewählt zu haben. Schm. stußte und sah aus, als ob es ihm leid thäte. Aber zu einer merklichen Aenderung des Tons konnte er sich nicht entschließen.

Schm. hat 30 Jahre lang dem löbenichtschen Realgymnasium vorgestanden und in dieser Zeit nicht nur den Geist seiner Schüler in fruchtbarer Weise gefördert, sondern auch auf ihr Thun und Denken den besten Einfluß geübt. Einer von seinen ältesten Schülern hat einmal kurz und treffend bezeichnet, wodurch er sich) ein so achtungs- und liebevolles Andenken in den Herzen seiner Zöglinge gestiftet: seine reine Humanität und aufopfernde Pflicht

Er hatte ein hohes Maß von Achtung vor der Jugend und ließ ihr soviel Freiheit, als er irgend verantworten konnte. Entschiedene Ungezogenheit wurde in seiner Schule ebenso geahn= det wie in anderen, aber einige Lehrer freilich ohne bei der Mehrzahl der Kollegen Anklang zu finden — tadelten, daß die Zügel der Disciplin nicht scharf genug angezogen würden. Z. B. in den großen Pausen durften die Knaben auf dem Erholungsplah, der dicht an einem von zahlreichen Käufern und Verkäufern frequentierten Markte liegt, sich balgen und im Winter mit Schneeballen werfen, wobei bisweilen ein aufsichtführender Lehrer oder auch ein Vorübergehender getroffen wurde. Als einmal ein Lehrer von einer kleinen Prügelei Anzeige machte, sagte Schm.: „Mein Gott, wissen Sie denn nicht, daß Jungen miteinander balgen müssen?" Auch damit gab er Anstoß, daß er mehr, als meistens üblich, geneigt war, Klagen der Schüler über einen Lehrer aufzunehmen, unparteiisch zu prüfen und, wenn sie ihm begründet erschienen, ihnen offen Recht zu geben und dem Lehrer Mitteilung davon zu machen. Einen Lehrer, der einen Schüler geschlagen, warnte er: „Nehmen Sie sich in Acht; wenn eine Beschwerde bei mir eingeht, kann ich Sie nicht in Schuß nehmen." Einmal war ein Knabe, auf den der Verdacht gefallen, sich irgend ein kleines Wertstück eines andern heimlich zugeeignet zu haben, nach Schluß der Schule zurückbehalten, ihm die Taschen umgekehrt und sogar die Stiefel ausgezogen, doch das Vermißte nicht gefunden. Als dessen Pensionsvater sich darüber beschwerte, war Schm. sehr erregt und hielt dem Lehrer vor: Wie kommen Sie

dazu, mit dem Knaben eine so entehrende Untersuchung vorzuneh men und ihn wie einen Verbrecher zu behandeln?" Sich selbst verzieh er eine Uebereilung am wenigsten. Als er noch in Danzig war, entschlüpfte ihm einmal einem Sekundaner gegenüber ein Schimpfwort. Der Schüler war keck genug zu sagen: „Herr Oberlehrer, schimpfen Sie mich nicht!" worauf Schm. antwortete: Sie haben ganz recht, es soll nicht wieder geschehn."*) Seitdem fam kein entehrendes Wort mehr über seine Lippen, obwohl er seiner Natur nach zu Heftigkeit geneigt war. Er liebte die Jugend und war gern unter ihr. 1876 war er durch eine Knochen= hautentzündung an der Hacke mehrere Monate lang am Gehen gehindert, aber sobald er sich mit Hilfe von zwei Krücken fortbewegen konnte, humpelte er, von einem Lehrer vor und einem hinter ihm begleitet, die Treppe zu den Klassenzimmern hinunter.

Dieselbe Humanität wie die Knaben erfuhren auch die Lehrer. Er kam ihren Wünschen gern nach und unterließ es nie, wenn er einem von ihnen Unrecht gethan zu haben glaubte, dies im Beisein anderer einzugestehen und ihn um Entschuldigung zu bitten. Einem pflichtvergessenen Lehrer konnte er die Strenge des Direktors zeigen, übrigens aber stand er stets in freundlichstem Verkehr mit den Kollegen, sodaß er je länger je mehr die Liebe und Hochachtung aller im vollsten Maße besaß.

Ob eine so zarte Behandlung der Jugend, wie Schm. sie · übte, allgemein zu empfehlen wäre, mag dahingestellt bleiben, doch in seiner Schule sind übele Folgen davon nicht hervorgetreten. Der Grund liegt wohl darin, daß seine Persönlichkeit auf Lehrer und Schüler einen stillen, aber mächtigen Einfluß übte und die Quellen von Roheit und Ungehörigkeit in der Jugend allmählich zum Versiegen brachte. Ein ehemaliger Schüler sagte nach Schm.'s Tode zu den Töchtern: Ihr Vater lenkte die Schule mit den Augen."

Als er ein Vierteljahrhundert Direktor gewesen, vereinigten sich alle Generationen der früheren Schüler mit dem Lehrerkollegium, um ihm ihre Verehrung durch eine Feier, wie sie bis dahin in Königsberg nicht vorgekommen, kundzugeben, wobei denn auch eine Adresse überreicht wurde. Dergleichen Adressen erwecken

*) Ein Sextaner in Danzig rühmte von ihm: Der Oberlehrer Schmidt nimmt immer den Hut vor mir ab.

bisweilen mit Recht den Verdacht, daß die Verdienste des Gefeierten darin durch ein Vergrößerungsglas beschaut werden. Aber wer dem Feste beiwohnte und die Stimmung der Gesellschaft aufnierksam beobachtete, konnte erkennen, daß die Adresse, obwohl sehr warm gehalten, lediglich aussprach, was in den Herzen lebendig war. Der Verfasser war eine Reihe von Jahren Schm.'s Schüler und dann fast ebenso lange sein Kollege gewesen. Den Kern der Ansprache teilen wir mit, es heißt darin: „So tief verpflichtet kann kein anderer Ihnen sein, der nicht gleich uns eine Mitgabe für das ganze Leben. von Ihnen erhalten hat. Ihnen verdanken wir es, wenn wir an selbständiger Arbeit Gefallen und Befriedigung finden, denn Ihr freundliches Eingehen auf die schwächsten Leistungen erweckte Selbstvertrauen in uns und gab uns Hoffnung auch Höheres erreichen zu können. Sie haben uns gelehrt, auch im schwierigsten Berufe sich glücklich zu fühlen durch vollständiges Aufgehn in der Arbeit für denselben; an Ihnen haben wir schäßen gelernt die wunderbare Verbindung von peinlichster, rücksichtsloser Strenge gegen sich selbst mit freundlicher Milde gegen andere, und Ihrem unermüdlichem stets geduldigem Arbeiten an uns verdanken wir es, wenn aus der Thorheit der Jugend sich allmählich in uns das Gefühl für Pflicht entwickelte."

Im Laufe seines Ehelebens traf ihn mancher bittere Schmerz, denn von sechs Kindern, welche geboren wurden,.starben drei früh dahin. Besonders der Tod eines Töchterchens, das er den Sonnenschein seines Hauses nannte, versezte ihn in tiefe Trauer. Davon abgesehn war seine Ehe, das Leben mit Frau und Kindern ein sehr glückliches. Die Gattin, außerordentlich streng erzogen, war, obwohl schwächlich, peinlich pflichtgetreu und arbeitsam. Als die Töchter herangewachsen, erschien ihnen die Mutter als ein Wunder von unermüdlicher Thätigkeit und Aufopferungsfähigkeit. Zu ihrem Manne sah sie in schwärmerischer Liebe und Verehrung auf, und es war ihr ein schrecklicher Gedanke, daß er vielleicht vor ihr sterben könnte; dieser Schmerz wurde ihr erspart, sie starb vier Jahre vor dem Gatten. Jede Mühe, jeden Ver= druß suchte sie ihm fernzuhalten, er sollte nur der Wissenschaft leben und seine Familie ihm in den Mußestunden nur Freude bereiten, fie allein leitete die Wirtschaft und die Erziehung der Kinder. Die Töchter können sich nicht erinnern, je ein strenges

Wort von ihm gehört zu haben. Doch flößte er ihnen durch sein ruhiges, liebreiches und geistvolles. Wesen den größten Respekt ein und keine hätte es über sich gebracht, irgend etwas gegen seinen Willen zu thun, und so leitete im Grunde doch er die ganze Häuslichkeit.

Bevor schwere Krankheit ihn heimsuchte, war seine Tagesordnung diese: Im Winter wie im Sommer stand er pünktlich um 4 Uhr morgens auf. Es kam manchmal vor, daß die Töchter, wenn sie spät in der Nacht von einer Tanzgesellschaft kamen, schon die Lampe im Arbeitszimmer des Vaters brennen sahen. Von 4 bis 8 arbeitete er für sich, der Vormittag war der Schule gewidmet, nachmittags war er wieder bei seiner Arbeit. Dann machte er einen Spaziergang und besuchte ein Gasthaus, in früherer Zeit, um mit Freunden, die sich da zusammenfanden, zu plaudern, später die Zeitungen zu lesen. Wenn er nicht eine Gesellschaft zu besuchen hatte, was er so wenig wie möglich that, ging er um 9 Uhr zu Bett. Ein, wie es scheint, ganz beseßter Tag, so daß ein junger Amerikaner, der 7 Jahre lang bei ihm in Pension war, einmal sagte: „Der Onkel ist nur bei Tische genießbar." Es fanden sich indessen doch noch Stunden, wo er sich der Familie widmete, der er dann bisweilen ein Drama vorlas. Er las sehr schön, ganz ohne Effekthascherei, in der Weise, wie ein mit der Dichtung vertrauter und für jede Wendung des Tertes empfindlicher Verehrer des Dichters es sich im Stillen denkt. Aber es kam selten zu einem solchen Genuß, denn er wurde davon stark aufgeregt. Besonders ergreifend las er den König Lear und mit trefflichem Humor die Falstaffscenen. Seine beste Erholung fand er in einem Sommeraufenthalt während der · großen Ferien, meistens an der See. Eigenhändig packte er dann das Porzellan ein, und die Familie glaubte, daß es nur so die Reise sicher überstehn würde. Und wenn es dann endlich zur Abfahrt kam und er sich im Freien befand, sang er ein lustiges Lied nach dem andern.

Nach dieser Schilderung von Schm.'s amtlichem und Privatleben versuchen wir nun seine Verdienste als Gelehrter zu würdigen. Außer einigen Schulbüchern, die er in Danzig verfaßte, beziehen sich alle seine Arbeiten auf die englische Literatur oder Philologie.

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