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Daß wiederum eine Emendation zu machen ist, darüber sind natürlich die Editoren nicht in Zweifel, aber welche? Wenn man schreibt the flat unraised spirits that have dared (wie z. B. die Cambridger), so beziehen sich die Worte auf die Schauspieler; schreibt man the flat unraised spirit that hath dared, so beziehen sie sich auf den Dichter. Die meisten thun das leßtere, weil ihnen eine spätere Folio (deren Abweichungen von der ersten wir nur dem Geschick oder Ungeschick des Sezers verdanken) aus der Bedrängnis hilft, indem sie die Lesart bietet:

The flat unraised spirit that hath dared.

Daß es der Weise und dem Charakter des Dichters gemäßer ist, seine eigne Person aus dem Spiel zu lassen, kam dabei nicht in Betracht; ebenso wenig, daß die folgenden Worte offenbar nicht von der Mangelhaftigkeit der Poesie, sondern nur von den kleinen Verhältnissen der Bühne sprechen:

Can this cockpit hold

The vasty fields of France? or may we cram
Within this wooden O the very casques

That did affright the air at Agincourt? etc.

Was meine Meinung ist, darüber werden Sie wohl nicht in Zweifel sein. Man hatte zu schreiben wie die erste Folio, und dann konnte kein Zweifel aufkommen, daß die Worte auf die Schauspieler gingen.

Es kommt auch nicht selten vor, daß die Herausgeber beim besten Willen doch nicht anders können, als den Sprachfehler stehn zu lassen, nämlich bei Reimen.

A Lover's Compl. 230:

What me your minister, for you obeys,
Works under you; and to your audit comes
Their distract parcels in combined sums.

Love's Labour's Lost. V, 2, 117:

With that they all did tumble on the ground,
With such a zealous laughter, so profound,
That in this spleen ridiculous appears,
To check their folly, passion's solemn tears.

Ges. Abh. v. Dr. Alex. Schmidt.

22

492:

552:

V, 2, 518:

Nay, my good lord, let me o'errule you now;
That sport best pleases that doth least know how:
Where zeal strives to content, and the contents
Dies in the zeal of that which it presents.

Sonn. 101:

O truant Muse, what shall be thy amends
For thy neglect of truth in beauty dyed?
Both truth and beauty on my love depends;
So dost thou too, and therein dignified.

Sonn. 41:

Those petty wrongs that liberty commits,
When I am sometime absent from thy heart,
Thy beauty and thy years full well befits,
For still temptation follows where thou art.
Venus and Ad. 1128:

She lifts the coffer-lids that close his eyes,
Where, lo, two lamps burnt out in darkness lies.
Rape of Lucr. 458:

Wrapp'd and confounded in a thousand fears,
Like to a new-killed bird she trembling lies;
She dares not look; yet, winking, there appears
Quick-shiftings antics, ugly in her eyes.

I see what crosses my attempt will bring;
I know what thorns the growing rose defends;
I think the honey guarded with a sting;
All this beforehand counsel comprehends.

So his unhallow'd haste her words delays,
And moody Pluto winks while Orpheus plays.
Mids. Dream II, 1, 250:

I know a bank where the wild thyme blows,
Where oxlips and the nodding violet grows.
Richard II. III, 3, 168:

there lies

Two kinsmen digg'd their graves with weeping eyes.

Rom and Jul. II, 3, 51:

both our remedies

Within thy help and holy physic lies.

Auch da, wo die Flerionsendung das Verbum um eine Silbe verlängert, mußte notgedrungen die ungrammatische Singularform stehen bleiben, wie in Mids. Dream V, 23:

But all the story of the night told over,

And all their minds transfigured so together,
More witnesseth than fancy's images

And grows to something of great constancy.

Dieselbe Beobachtung wie bei Shakespeare kann man bei allen älteren und gleichaltrigen englischen Schriftstellern machen, natürlich nur in ihren Originaldrucken, nicht in den durchkorrigierten Ausgaben unserer gelehrten Kritiker. Die dritte Person des Pluralis im Präsens tritt bald in der nackten Infinitivform auf, bald mit der Endung eth oder es, nicht weil die Schriftsteller nicht zu konjugieren verstanden oder Einheit und Mehrheit nicht zu unterscheiden wußten, sondern weil die ursprüngliche angelsächsische Flexionsendung ad oder ath noch nicht vollständig und für immer abgestoßen war. Gerade die Zeit Shakespeare's, als die Periode einer reich aufblühenden Litteratur, stellte manches Schwankende in der Sprache allmählich fest. Es war übrigens nicht bloß der Plural, bei dem die Anwendung der Flexionsendung in Frage kam; auch die dritte Person des Singular wurde verschiedentlich gebildet, bis sich der für die Folge herrschende Gebrauch festsette. Darum bin ich der Ansicht, daß nur in Ausgaben, die für das große Publikum bestimmt sind, in bloßen unkommentierten Abdrücken, ein solches Eliminieren des von der heutigen Regel Abweichenden erlaubt ist; da wo die kritische Arbeit sich nirgend bemerklich macht, ist die alte Schreibweise unbedingt herzustellen.

Das entgegengesezte Verfahren hat zur Folge gehabt, daß der Sinn des Dichters in den neuen Ausgaben mitunter gar nicht mehr zu erkennen ist. In Heinrich IV. 2. T. III, 1, 51 haben Quarto und Folios:

how chances mocks

And changes fill the cup of alteration
With divers liquors!

Alle modernen Editoren, so viel ich weiß ohne Ausnahme, korrigieren:

how chances mock,

And changes fill etc.

Nun ist aber chances nicht der Nominativ Pluralis, sondern der angelsächsische Genitiv, den die alten Schriftsteller ohne Apostroph schreiben; die Herausgeber, welche ihn für das erstere hielten, haben durch ihre willkürliche Aenderung es unmöglich gemacht, auf das Richtige zu kommen. Aehnlich verhält es sich vielleicht mit Com. of Err. V, 69, wo die Folios schreiben:

The venom clamours of a jealous woman,

Poisons more deadly than a mad dog's tooth.

Das Komma hinter woman fann ich unmöglich für einen Druckfehler halten, da der Saß durchaus verständlich ist, wenn ich ihn als einen Aufruf und poisons als Apposition zu venom clamours nehme. Die neuen Herausgeber schreiben nun aber, wie es scheint, ohne Ausnahme:

The venom clamours of a jealous woman

Poison more deadly than a mad dog's tooth,

indem sie poisons als Prädikat fassen und mit dem Pluralsubjekt in Uebereinstimmung bringen. Dadurch schneiden sie jeden Weg zu der, wenn auch nicht allein, so doch gleichberechtigten Interpretation der Folio-Editoren ab.

Ein Beispiel anderer Art für die Bedenken, welche gegen eine vollständige Modernisierung der Orthographie sprechen, möge mir wieder der König Johann an die Hand geben. Der Bastard sagt dort (IV, 3, 155):

Now happy he whose cloak and cincture can

Hold out this tempest.

Es sollte mich wundern, wenn nicht mancher Leser von Urteil an dieser seltsamen Ausdrucksweise Anstoß genommen hätte: Glücklich derjenige, dessen Mantel und Gürtel diesen Sturm aushalten. Ob ich den Gürtel als Teil des Mantels nehme oder nicht, in

beiden Fällen ist die Verbindung gleich sonderbar. Aber Shakespeare ist daran völlig unschuldig. Die Folios lesen: whose cloak and center can hold out this tempest, glücklich derjenige, dessen Mantel und Herz den Sturm aushalten. Centre, das Centrum, der innerste Kern, findet sich auch sonst bei Shakespeare zur Bezeichnung der Seele im Verhältnis zur leiblichen Hülle. Sonn. 146: Poor soul, the centre of my sinful earth.

Rom. and Jul. II, 1, 2:

Turn back, dull earth, and seek thy centre out, fehre zurück, du entgeisteter Leib, und suche deine Seele. Wint. Tale I, 2, 138:

Affection, thy intention stabs the centre!

Die neuen Herausgeber aber nahmen das Wort im King John, wegen der unerheblichen Abweichung in der Orthographie, für das französische ceinture und korrigierten nun ruhig das moderne cincture in den Text, unbekümmert darum, daß dies ein dem Dichter unbekannter Ausdruck ist. Von cincture aber auf das einzig richtige centre zurückzugelangen, möchte ohne die Folio auch dem glücklichsten Emendator schwer gefallen sein.

Nach diesen Beispielen, die ich nur zusammengestellt habe, wie sie mir gelegentlich in die Hand gekommen sind, werden Sie vielleicht die Behauptung nicht unbegründet finden, daß die sprachliche Durchforschung Shakespeare's mit der sachlichen nicht Schritt gehalten hat, und daß das, was wir über seinen Wortgebrauch, über die Eigentümlichkeiten seiner Sagfügung, seiner Redefiguren und Tropen wissen, noch keine zusammenhängende und zu sichern Schlüssen führende Kenntnis, sondern im Grunde nur ein Cento von gelegentlichen Parallelstellen und eitel Stückwerk ist. Sidney Walker hat zu methodischen Untersuchungen einen Anfang gemacht, aber was er giebt, sind doch nur lose und fragmentarische Beiträge zu einer fünftigen Shakespeare'schen Grammatik und Lerikographie, dankenswert mehr darum, weil sie auf eine Masse von Fragen und Erscheinungen aufmerksam machen, als weil sie mit der Akribie, welche man bei Forschungen auf dem Gebiet der altklassischen

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