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bar" statt „throng all to the bar"; 297 „the foot and horse" statt this foot and horse".

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Gegen alle diese Beweise kommt es nicht in Betracht, daß die Folio in ein Paar Fällen, offenbar durch freie Conjektural-Kritik, für falsche Lesarten der dritten Quarto die richtigen der älteren trifft: III, 1, 29 have come" für "come"; V, 3, 204 „I had murthered" statt „I murthered"; 205 „came to my tent" statt „came all to my tent".

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Durch diese bedauerliche Notlage der Folio-Herausgeber gerät nicht nur die Shakespeare Hermeneutik bei einem nicht unansehnlichen Teile des Dramas in harte Bedrängnis, sondern die ganze Leserwelt hat wahrscheinlich einen schweren Verlust zu beklagen. Nach V, 3, 236 geben Folio und Quartos und nach V, 3, 313 wenigstens die Quartos die Bühnenweisung: „His oration to his army", das erste Mal mit Bezug auf Richmond, das zweite Mal auf Richard. Zwar folgen darauf Reden, aber mit den seltsamen Anfängen: „More than I have said" etc. und "What shall I say more" etc. Die den letzteren Worten vorangehende Mahnung Richards an seine Freunde, nicht feigen Gewissensskrupeln nachzuhängen, sondern munter mit ihm zur Hölle zu fahren, kann unmöglich das sein, woran er anknüpft. Wir haben hier offenbar zwei große von den Quartos auf die Folio vererbte Lücken vor uns, vielleicht Kürzungen durch die Regie, welcher die Reden zu lang erschienen, denkbarer Weise aber auch dadurch veranlaßt, daß die Schauspieler zu der im Hintergrunde stehenden oder gedachten Armee sprechend und von den Zuschauern halb abgewandt, im Hause unverständlich blieben. Bei der lehteren Annahme würde die eingeschaltete Bühnenweisung weniger auffallend sein.

Die ältesten Ausgaben des Sommernachtstraums.

Das Programm von 1879 enthielt eine seitdem auch in Wülckers Anglia aufgenommene Abhandlung, welche das Verhältnis der ältesten Ausgaben der Shakespeareschen Dramen, der Quartos einerseits und der Folio von 1623 andrerseits, beleuch= tete. Es wurde der Nachweis geführt, daß die Behauptung der Folio, die vor ihr erschienenen Ausgaben seien unecht und piratisch, in den damaligen literarischen Verhältnissen eine wesentliche Unterstügung finde. Es wurde ferner darauf hingewiesen, wie bei den besonders fehler- und lückenhaften Quartos gewisser Stücke (The Merry Wives, Henry V, Henry VI; Romeo and Juliet und Hamlet in ihrer ersten Gestalt) sich von jeher der Gedanke aufgedrängt habe, daß sie nicht auf rechtmäßigem Wege, und namentlich unter keinen Umständen auf Veranstaltung des Dichters an die Oeffentlichkeit gekommen sein könnten. Die bessere Beschaffenheit anderer berechtige aber noch nicht zu der Folgerung, daß sie auf redlichere Weise zustande gekommen, und es gelte den Versuch, an einem Drama, wo die verschiedenen Redaktionen in Quarto und Folio in auffallender Weise von einander abwichen, eine ge= naue Prüfung und Vergleichung anzustellen.

Diese Probe wurde zunächst mit King Lear gemacht, dessen Quarto bisher eines ungebührlichen Ansehens genossen, und führte zu der Ueberzeugung, daß es nur Eine Erklärung für die eigentümlichen Varianten und Fehler derselben gebe, nämlich die Annahme, daß fie aus Nachschriften bei den Aufführungen des Stücks hervorgegangen sei. Daß diese Ansicht in kurzer Zeit zur Herrschaft gelangen und für die Herstellung des Tertes zur Richtschnur genommen werden könnte, ließ sich bei dem Unabhängigkeitssinne,

der die Angehörigen der Gelehrten - Republik beseelt, schwer erwarten. Um so erfreulicher mußte es sein, daß Horace Furneß, der berühmte Herausgeber der großen New Variorum Edition, sich im wesentlichen zu ihr bekannte und bei der Redaktion seines King Lear (Philadelphia, 1880) zu Grunde legte *).

Eine weitere Prüfung der Quartos und Folios (im Jahrbuch der deutschen Shakespeare-Gesellschaft 1880) ergab für Richard III dasselbe Resultat. Das Verhältnis war hier in mancher Beziehung ein anderes; die Superiorität der Folio sprang nicht so in die Augen wie beim Lear; aber Alles was die Quartos von ihr unterschied, ließ sich auf Bedürfnisse und Gewohnheiten der Bühne zurückführen.

Damit schien eine Grundlage gewonnen, auf der ein Induktions-Beweis für die übrigen Dramen fußen konnte, und bei mehreren dürfte die Hoffnung nicht trügen. Aber man würde sehr irren, wenn man nunmehr einen unfehlbaren Maßstab für alle in Händen zu haben glaubte. Nur das negative, aber nicht das positive Ergebnis der bisherigen Untersuchungen erhält beim Weitergehen seine Bestätigung: das Mißtrauen gegen die Quartos bleibt bestehen, aber das Vertrauen zur Folio geht verloren. Bei einigen Dramen liegt es nämlich klar zu Tage, daß die Folio nichts als ein Abdruck irgend einer Quarto ist. Ueberall, wo dies Verhältnis augenscheinlich ist, handelt es sich um Stücke aus der ersten Hälfte von Shakespeares Dichter-Thätigkeit, und eben darin liegt auch seine Erklärung. In einer an dramatischen Novitäten so fruchtbaren Periode wie die damalige waren Dramen, deren Entstehungszeit nicht viel weniger als ein Menschenalter zurücklag, ohne Zweifel längst vom Repertoire verschwunden; die Original-Handschriften derselben mochten verlegt oder verloren gegangen sein, wenn sie nicht schon durch den ersten Gebrauch abgenutzt und ungeeignet geworden waren, als Druckvorlagen zu dienen. So mußten die Herausgeber der Folio, sicherlich mit schwerem Herzen, sich entschließen, zu den Quartos zu greifen, wenn sie nicht darauf verzichten wollten, eine vollständige

*) Das Princip kommt allerdings nur gelegentlich, S. 112, zur Anerkennung: Even on Schmidt's own theory, in which I agree with him, that the Qq are surreptitious copies taken down from stage-representation, it is likely etc.

Sammlung herzustellen. In solchen Fällen sinkt natürlich der Kredit der Folio auf Null herab, während die Quartos nach wie vor verdächtig bleiben, und der Kritik schwankt der Boden unter den Füßen. Auch der lesbarste Tert, der nach Form und Inhalt keinen Anstoß giebt, erscheint immer nur als problematisch, und wenn auch im ganzen und großen kein Zweifel an Shakespeares Identität aufkommen kann, bleibt doch die Freude am einzelnen nicht unbefangen, und der Erklärer vermißt die gewohnte sichere Handhabe zur Feststellung des Sinnes.

Dazu kommt die Besorgnis vor einer neuen Gefahr, die den schon schwer geschädigten Tert mit größeren Verunstaltungen bedroht als ihm die Nachlässigkeit der ersten Schreiber und Drucker zuzufügen vermochte. Mit dem Glauben an die Authenticität der ersten Terte würde jede Schranke zu fallen scheinen, welche der herausgeberischen Willkür bisher im Wege gestanden, und mit weniger Scheu als je würde man Zweifelhaftes streichen, um noch Bedenklicheres an die Stelle zu sehen, und Lücken durch abenteuerliche Einfälle ergänzen. Wer die Rücksichten schwächt, die einem solchen Treiben bisher einigermaßen Einhalt gethan, muß die Verpflichtung, dem Uebel nach Kräften vorzubeugen, notwendig. in doppelter Stärke fühlen.

So begründet indessen dergleichen allgemeine Befürchtungen scheinen, gewinnt doch die Sache dem einzelnen Objekt gegenüber ein weniger bedenkliches Ansehen. Zuvörderst hängt denn doch die Gesamtwirkung eines Dramas, auf die es in erster Stelle ankommt, nicht von einzelnen Worten, von gelegentlichen poetischen Wendungen, von der rein äußerlichen Einkleidung der Gedanken ab, und Shakespeare bedarf vielleicht weniger als ein anderer des kleinen Schmuckwerks, mit welchem oft Dichter wie Baumeister mißlungene architektonische Verhältnisse zu verkleiden suchen. Man vergleiche z. B. die verschiedenen Textformen Richards III. In den Quartos haben wir das Stück vor uns, wie es am Ende des 16. Jahrhunderts auf der englischen Bühne gegeben wurde, in der Folio den vollständigen echt Shakespeareschen Tert. Zwischen beiden Redaktionen finden sich zahlreiche und erhebliche Unterschiede, und doch läßt sich nicht zweifeln, daß diese Unterschiede für den Bühnenerfolg des Stücks völlig gleichgültig waren. und es auch heute sein würden. Es läßt sich um so weniger

daran zweifeln, als auch neue und neueste Herausgeber in ihrer Wahl zwischen dem Echten und Unechten sehr unsicher gewesen sind und manchmal eine entschiedene Vorliebe für das letztere ge= zeigt haben.

Zudem bietet die einfache Thatsache, daß die Folioherausgeber den Tert einer Quarto für würdig hielten, ihrer Sammlung einverleibt zu werden, eine nicht zu unterschätzende Bürgschaft für die Richtigkeit desselben. Sie haben sich wohl gehütet, zur ersten Quarto von Romeo und Julia oder von Hamlet zu greifen; die von ihnen gewählten Vorlagen verdienen das höchste Lob, wenn man die wahrscheinliche Art ihrer Entstehung bedenkt. Schon der Quarto-Text Richards III gab zu einer anerkennenden Bemerkung Anlaß; in andern Dramen tritt die Sorgfalt der Herausgeber noch deutlicher hervor.

Darum kann auch die Stellung des kritischen Herausgebers zu den Stücken dieser Klasse keine wesentliche Aenderung erfahren. Der Vorteil, den das Vorhandensein von zwei von einander unabhängigen Redaktionen in Quarto und Folio namentlich in den Fällen bietet, wo die angezweifelte Richtigkeit einer Lesart durch die Uebereinstimmung der beiderseitigen Terte gewährleistet wird, geht allerdings verloren, aber schließlich wird doch nichts übrig bleiben als sich in das Unvermeidliche zu fügen und sich einem ausschließlich auf die Quartos basierten Tert gegenüber eben so zu verhalten wie bei den Stücken, welche wir allein aus der Folio kennen. Einzelnes, was bisher kein Bedenken erregte, wird allerdings erst jest verdächtig erscheinen und den Scharfsinn der Emendatoren herausfordern, doch wenn man davon eine förmliche Entstellung des Tertes fürchtet, so ist es eine beruhigende Wahrnehmung, daß Konjekturen gewöhnlich nur bei demjenigen Beifall finden, der sie selbst gemacht hat.

Es sei erlaubt, den weiter unten zu führenden Beweis, daß die Folio aus den Quartos, und diese wahrscheinlich aus Theaternachschriften hervorgegangen, für ein einzelnes Drama, den Midsummer-Night's Dream, zur Probe als erbracht anzunehmen und Stellen zu bezeichnen, an welchen man bisher keinen oder geringen Anstoß genommen, die aber unter der gemachten Voraussetzung ohne Zweifel als forrumpiert erscheinen werden. Um zugleich von dem Gesamtumfange der ganzen Frage einen vorläufigen Begriff

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