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hindert wurde, dieser Intention eines Vergleichs zwischen Homer und Sh. nachzugehn; die Aufgabe ist offenbar eine hoch intereffante und hätte, mit Schm.'s Gründlichkeit und Geist behandelt, wohl dankenswerte Resultate geliefert.

Er setzte noch einige Hoffnung auf einen Sommeraufenthalt in der Schweiz, aber dort und nach seiner Heimkehr zuhause verschlimmerte sich nur noch sein Zustand. Der letzte Weg über die Straße, von seinem Arzte nur mit Bedenken zugegeben, war der zum Lokale für die Reichstagswahl, um seine Stimme für das umstrittene Septennat abzugeben.

In seiner schlimmsten Leidenszeit richtete er sich noch an heiterer Musik auf. Er war immer in Erwartung der schrecklichen Herzkrämpfe; sprechen, lesen, alles sollte und konnte er nicht. Aber wenn er so trübe war und die Töchter etwas von seinen Lieblingskomponisten Haydn oder Mozart spielten, klärte sich sein Gesicht auf, allmählich trommelte er mit den Fingern, stand schließlich auf und summte heiter mit. Seine Liebenswürdigkeit, sein reger Geist, sogar sein Humor blieben ihm fast bis zum lezten Hauche, und rührend dankbar war er. für alle Dienste, die ihm in seiner Krankheit erwiesen wurden. Dem Tode sah er ruhig und gefaßt entgegen; er war fest überzeugt, daß der Tod kein Abschluß des geistigen Lebens sei, daß es ein Leben im Jenseits gebe.

In seiner lezten Sommerwohnung auf den Hufen erfreute er sich noch innig an dem Erwachen der Natur, dem Gesange der Vögel, überhaupt an allem Schönen und Guten. Endlich am 27. Juni 1887 wurde er durch den Tod von seinen schweren Leiden erlöst. In den letzten Phantasieen sah er beständig seine „Jungchen" um sich, sprach ihnen in seiner milden Weise zu und ermahnte sie, recht aufmerksam zu sein. Seine sterbliche Hülle ruht auf dem löbenichtschen Kirchhof, wo ihm als letzter Tribut der Dankbarkeit seiner Schüler ein würdiges Denkmal errichtet ist. Sein vortrefflich gelungenes Bild auf demselben — eine Arbeit von Professor Friedrich Reusch - wird sie wohlthuend an den freundlichen Lehrer und Leiter ihrer Jugend erinnern.

C. Witt.

Voltaires Verdienste um die Einführung Shakspeares

in Frankreich.

In der reichhaltigen Schrift von Albert Lacroir: Histoire de l'influence de Shakspeare sur le théâtre français (Brüffel 1856) hat das Verdienst Voltaires um die Einführung Shakspeares in Frankreich eine sehr eingehende Behandlung erfahren. Wenn der Verfasser der nachfolgenden Blätter sich dennoch nicht scheut, diese Frage nochmals zur Sprache zu bringen, so braucht er kaum vorauszuschicken, daß es sich dabei nicht blos um eine Ergänzung und Berichtigung unwesentlicher Thatsachen handelt, sondern um eine grundverschiedene Auffassung des ganzen Verhältnisses. Die vorurteilsloseste Prüfung des Thatbestandes hat ihn dazu geführt, das von Lacroix behauptete Verdienst Voltaires so gut wie ganz in Frage zu stellen. Auf einen Irrtum der Larcroirschen Darstellung hat schon Hettner aufmerksam gemacht (Gesch. d. franz. Lit. im 18. Jahrh. S. 219): die Unterscheidung von zwei Perioden in Voltaires Stellung zu Shakspeare, - einer Periode der freudigen Anerkennung, wo er sich bemüht haben soll, seine Landsleute mit dem englischen Dichter bekannt zu machen, und einer Reaction, in welcher er, von der einbrechenden naturalistischen Regellosigkeit des Dramas erschreckt, mit seiner eigenen Vergangenheit brach und sein Ansehn einsetzte, dem Einfluß Shakspeares entgegenzuwirken. Lacroir bezeichnet das Jahr 1760 oder noch genauer die Schrift von Jerome Carré über das englische Theater (1761) als den Wendepunkt in Voltaires Anschauungsweise. Richtig bemerkt dagegen Hettner, daß das ästhetische Urtheil Voltaires über Shakspeare von Anfang bis zuletzt wesentlich dasselbe geblieben, und daß er weder in der ersten Zeit uneingeschränktes Lob für ihn

gehabt habe, noch in der späteren uneingeschränkten Tadel; daß er sich in keinem Augenblick fähig gezeigt, Shakspeares Größe zu begreifen.

Nichtsdestoweniger ist wenn auch keine Aenderung der Ansicht, so doch eine verschiedene Stimmung in Bezug auf Shakspeare bei Voltaire sehr bemerklich, zu welcher der Verfasser d. den Schlüffel gefunden zu haben glaubt, und zwar nicht erst im J. 1760, sondern bereits im J. 1735. Rein persönliche Gründe bereiteten damals eine literarische Parteistellung vor, für welche Lacroix vergebens einen tieferen Gehalt zu gewinnen sucht. Die historische Darlegung eines Verhältnisses, welches sich fast durch Voltaires ganze schriftstellerische Laufbahn zieht und ihn gerade am Anfange und Ende derselben am lebhaftesten beschäftigte, kann vielleicht zur Feststellung des Urteils über einen Mann beitragen, der noch bei Hettner bald unwahr (S. 139), bald erfüllt heißt von ernstem, rücksichtslosem Wahrheitseifer (197); bald ängstlich und abhängig von jedem Windhauch der öffentlichen Meinung, bald der Mann der rasch entschlossenen That (157). Auf keinem andern Wege wird ein solches Resultat sichrer zu erreichen sein als durch die einfachste Zusammenstellung der Thatsachen, wie sie in Voltaires eigenen Schriften vorliegen.

Die Anführungen sind nach der Gothaischen Ausgabe in 70 Bånden, 1784-89.

Die französische Literatur hatte in ihrer sogenannten klassischen Periode keine Beziehungen zur englischen. Corneille, Racine und Boileau kannten wahrscheinlich nicht einmal den Namen Shakspeares und Miltons; keiner von ihnen hielt es der Mühe wert, die englische Sprache zu erlernen. Bezeichnend für das Verhältnis der beiden Nationen in jener Zeit ist es, daß der Franzose St. Evremond, welcher 42 Jahre als Verbannter in London lebte, es niemals dahin brachte, drei englische Worte im Zusammenhange zu sprechen, während der landesflüchtige Engländer Hamilton ein Französisch sprach und schrieb, das von keinem Eingebornen übertroffen wurde*). In der That gab es für die Franzosen auch

*) Noch 1727 schrieb Voltaire (49, 11), daß ein französischer Gesandter in London selten englisch verstehe; 1733 (56, 185) Comment! M. de Caumont

keine Aufforderung zum Studium der englischen Literatur. Ein allgemeines Interesse für jede, auch die unvollkommenste Kulturform existirte noch nicht; fremder Muster glaubte man entbehren zu können, da man sich auf der Höhe menschlicher Kunst und Wissenschaft wähnte und auch die Alten, von deren Beispiel man ausgegangen war, weit hinter sich gelassen zu haben meinte; und am wenigsten waren die politischen Verhältnisse der Art, daß man eine Nötigung empfunden hätte, sich um das geistige Leben Englands zu bekümmern. Eine achtunggebietende Stellung nach außen scheint für Nationen eine wesentliche Bedingung auch zu literarischer Geltung; England aber zeigte sich in dem Jahrhundert, in welchem sich Frankreichs Literaturblüte entfaltete, nicht nur politisch ohnmächtig, sondern es galt unter den letzten Stuarts geradezu für einen französischen Vasallenstaat. Als Wilhelm III. dies unwürdige Verhältniß aufhob und er und seine Nachfolger ihre glänzendsten Siege über französische Waffen davontrugen, nahmen die Dinge sofort eine andere Gestalt an. Man begann sich um die Literatur des Feindes zu bekümmern, während man die des Freundes nicht der Beachtung werth gehalten hatte, und schon am Ende des 17. Jahrhunderts begegnen wir Nachahmungen englischer Dramen, zunächst freilich nur aus der Periode der Restauration. Wer der erste Franzose gewesen, der seinen Landsleuten von Shakspeare gesprochen habe, ob Destouches oder Montesquieu oder Voltaire, darüber haben die Literaturhistoriker nicht bestimmt entschei= den wollen; Voltaire hat dies Verdienst wiederholt und nachdrücklich für sich in Anspruch genommen, und wol nicht ganz mit Unrecht, denn eine briefliche Erwähnung des Namens Shakspeare bei Montesquieu kann unmöglich für eine Einführung des Dichters in das französische Publikum gelten; und Destouches scheint in London shakspearesche Stücke gesehen zu haben, ohne nach ihrem Verfasser zu fragen. Der eine fannte vor Voltaire den Namen ohne die Werke, der andre einzelne Werke ohne den Namen.

Voltaire, bereits durch drei Tragödien, Oedipus, Artemire und Mariamne, als nicht unwürdiger Nachfolger Corneilles und Ra

sait aussi l'anglais! Vous devriez bien l'apprendre. Ja, noch 1762 meldet d'Alembert an V. (69, 208), daß niemand in der fr. Academie Shakspeare im Original gelesen habe.

cines rühmlichst bekannt, brachte etwa zwei Jahre (1726-28) als Verbannter in England zu*). Er hielt sich und galt seitdem für einen besonderen Kenner englischer Zustände, sprach gern und mit aufrichtiger Bewunderung von den dortigen öffentlichen Einrichtungen, trug seine englische Sprachkenntnis mit der Ostentation eines Dilettanten zur Schau**), und erzählte wol gar, wie er sich nach seiner Rückkehr so vollständig anglisirt gefühlt habe, daß ihm beim Französischschreiben die Worte nicht mehr wie sonst zuströmen wollten ***). Jedenfalls war sein Londoner Aufenthalt für ihn, und durch ihn für die französische Literatur von ungemeiner Wichtigkeit. Die Bekanntschaft mit Newton, Locke und den englischen Deisten entschied seinen Lebensberuf; er fand hier einen unermeßlichen, für Frankreich noch neuen Gedankenstoff, dem er ein Talent der Form entgegenbrachte, wie es vielleicht kein zweites gegeben; durch seine Gabe der populären Darstellung, seinen Wih, seine unermüdliche Schlagfertigkeit und seine Unverdrossenheit im Wiederholen des hundertmal Gesagten, wurden Ansichten, welche in dem Lande der Oeffentlichkeit und der freien Debatte fast spurlos vorübergingen, in dem Lande der Preßverfolgungen und der Calasschen Processe zum Gemeingut der denkenden Bevölkerung. Doch diese Seite seiner Thätigkeit liegt außerhalb unsrer Aufgabe. Wir suchen nur die Antwort auf die Frage, wie weit seine Fähigkeit und sein guter Wille gegangen, den Charakter des englischen Dramas zu verstehen, insofern Shakspeare denselben repräsentirte, und

*) Es ist von geringer Erheblichkeit, mag aber doch nicht unerwähnt bleiben, daß die Literaturgeschichten ich weiß nicht, auf welche Autoriṭät hin ihn drei Jahre, bis 1729, in England bleiben lassen. Er selbst spricht stets von deux ans oder près de deux ans (3. B. 56, 193), und giebt in seiner Selbstbiographie ausdrücklich 1728 als das Jahr seiner Rückkehr an (48, 97). Die Daten seiner sehr spärlichen – Londoner Briefe machen die Sache

ganz unzweifelhaft.

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**) Seine Briefe spickte er gern mit englischen Phrasen; so 15, 50: Je ne sortirai que ce jour-là, et je serai à midi au parterre. I love you with all my heart. 15, 190: Farewell, great and amiable man etc. 57, 276: Je serais fort aise d'avoir votre avis sur ce que je dis de Milton. You learn English, for aught I know. Go on; your lot is to be eloquent in every language, and master of every science; I love, I esteem you, I am yours for ever. Je vous ai écrit en faveur d'un jeune homme etc.; und unzählig oft. ***) 1, 296.

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