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Ein Denkstein geseht den Manen des Dichters

William Edmondstoune Aytoun.

Nur wenigen Personen bei uns zu Lande dürfte der Dichter, welchem die folgenden Blätter gewidmet sein sollen, auch nur dem Namen nach bekannt sein. Sein Ruf beschränkte sich im Wesent= lichen auf seine Heimat Schottland, wo er sich dafür einer um so größeren, seit Scotts Zeiten kaum dagewesenen Popularität erfreute. Und zwar verdankte er diese im Grunde einem einzigen Werk von äußerst mäßigem Umfange. Denn wenn er gleich in einer etwa dreißigjährigen schriftstellerischen Laufbahn zuerst als Publicist, als Hauptbegründer des Tait Magazine und dann als Mitarbeiter des Blackwood Magazine sich einen Namen machte, und auch manche seiner späteren poetischen und literarhistorischen Werke, sein Romanzen-Cyclus Bon Gaultier, sein satirisches Drama Firmilian, sein Roman Norman Sinclair, und namentlich seine Sammlung schottischer Volkslieder, nicht unverdienstlich waren und nicht ohne Anerkennung blieben, so kannte man ihn im großen Publikum doch nur als Verfasser der im J. 1848 erschienenen schottischen Cavalier-Lieder (Lays of the Scottish Cavaliers), einer Sammlung von acht Gedichten zur Verherrlichung gewisser Personen und Ereignisse in der Geschichte Schottlands. Seit dem ersten Erscheinen derselben ist kaum ein Jahr vergangen, in dem sie nicht eine neue Auflage erlebt hätten, und alle Zeugnisse stimmen darin überein. daß sie in Schottland ein wahres Volksbuch geworden sind. Dieser Erfolg ist um so entscheidender für ihren poetischen Wert, da sie ihn nicht durch Benutzung und Ausbeutung vorherrschender Stimmungen gewannen, sondern vielfältig den hergebrachten historischen Ansichten widersprachen.

*

Vielleicht angeregt durch Macaulay's Lays of Ancient Rome, jedenfalls in Wahl und Auffassung durch die chaotischen Bewegungen des Jahres 1848 bestimmt, legte der Dichter seine historischen Lieder den Cavalieren des 17. und 18. Jahrhunderts, d. H. den Anhängern der Stuarts, in den Mund, was natürlicher Weise eine einseitig-parteiische und nicht selten verkehrte Deutung der geschichtlichen Thatsachen bedingte. Ereignisse wie die Throngelangung des großen Oraniers, des Vorkämpfers und Retters der politischen und kirchlichen Freiheit, der Fall Dundees von Claverhouse und die Niederlage des vorzugsweise sogenannten Chevaliers Karl Eduard, werden hier als beklagenswerthe Calamitäten behandelt. Der einmal eingenommene Standpunkt brachte es so mit sich, und das schottische Lese-Publikum zeigte sich einfichtsvoll genug, dies zu begreifen und troß seiner entschieden protestantischen Gesinnung an den Lays Gefallen zu finden. In Deutschland mag sich eine solche Freiheit des Urteils noch häufiger finden als anderswo; jedenfalls ist sie hier in Bezug auf die vorliegenden Verhältnisse leichter zu gewinnen als in England und Schottland.

Einzelne von den Cavalierliedern (I, IV und VII) sind bereits vor neun Jahren in Harry's „Liedern aus der Fremde" in nach= stehender Uebersetzung veröffentlicht worden. Die Nachricht von dem am 4. August 1865 im 54. Lebensjahre erfolgten Tode des Dichters gab den Gedanken ein, ihm durch Mitteilung des ganzen Cyclus an dieser Stelle ein bescheidenes Denkmal zu stiften und ihm damit zugleich für das Verdienst, welches er sich als Edinburger Professor der Rhetoric and Belles-Lettres um die Einbürgerung deutscher Poesie und Literatur in seinem Vaterlande erworben, einen längst geschuldeten Tribut der Dankbarkeit abzutragen.

Lieder der schottischen Cavaliere.

I. Edinburg nach der Floddener Schlacht*).

1.

Schlachtberichte! Schlachtberichte!

Horch! es hallt die Gass' hinab,
Und das Pflaster und die Hallen
Dröhnen von der Füße Trab.
Schlachtberichte? wer der Bringer?
Siegesbotschaft? Meldet, wer

Bringt uns Gruß vom tapfern König,
Nachricht von dem edlen Heer?
Feuer auf den fernen Hügeln
Flammten schon die ganze Nacht;
Ihr Entlodern hat des Krieges
Erste Meldung uns gebracht.

Habt ihr in der Nacht das Nordlicht
Durch den Himmel sprühen sehn?
Das geschieht allein, wenn Kön’ge
Oder Helden untergehn.

2.

Schlachtberichte? wer der Bringer?
Alles drängt zum Thor und schreit:
,,Wächter, Wächter, öffne hurtig!
Mann, ist jetzt zu warten Zeit?"
Und die schweren Riegel fallen,

Bangend steht das Volk und schaut,

Und ein Schrei des Schrecks und Staunens

Wird aus tausend Kehlen laut.

Denn ein einz'ger schwergetroffner

Bleicher Mann ist's, den sie schaun,

König Jacob IV. von Schottland, aus dem Hause Stuart, fiel in der Schlacht am Berge Flodden am 9. September 1513 gegen die Engländer unter dem Grafen von Surrey; mit ihm die Blüte des schottischen Adels und fast die ganze Mannschaft, welche Edinburg (Dunedin) zum Kriege gestellt. Das Gedicht schildert die Stimmung in dieser Stadt nach dem ersten Eintreffen der Unglücks-Nachricht, welche um so furchtbarer wirkte, da des Königs Sohn und Nachfolger Jacob V. erst zwei Jahre alt war.

Ges. Abb. v. Dr. Aler. Schmidt.

12

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Randolph Murray, sprich wo sind sie,
Die dir folgten in das Feld?
Wo sind unsre Brüder, Kinder?
Trafen sie auf Englands Macht?
Wehe oder Wohl was hat dich
So allein zurückgebracht?"
Leichenhaft des grausen Kriegers
Auge aus dem Stahlhelm blickt;
Keinen Laut giebt er zur Antwort,
Nur die Eisenferse drückt

Sein ermüdet Roß, und vorwärts
Durch die Straßen ziehn sie hin;
Väter, Schwestern, Mütter, Kinder
Jammernd, betend rings um ihn.
„Bei dem Gott, der dich geschaffen.
Sprich was widerfuhr dem Heer?”
Das zerfette Banner hebt er,
Und der Frager fragt nicht mehr.

4.

Die Aeltsten find versammelt

Im Stadthaus auf dem Saal,

Sie denen König Jacob Turm

Und Mauer anbefahl.

„Schwand, sprach er, eures Armes Kraft,

Blieb euer Herz doch echt;

Bleibt in der jungfräulichen Stadt,

Laßt Jüngre ins Gefecht.

Erschallen soll Trompetenstoß

Vom Grenzrevier entlang,

Daß hinterm Thor ein jedes Ohr

Vernimmt den muntern Klang.

Doch wenn des Himmels Fügung mir

Zurückzukehren wehrt, ·

Wenn statt der Schotten Siegesruf

Ihr Englands Trommel hört,

Dann läutet Sturm von jedem Turm,
Dann schnallt den Panzer an;
Besezt die Mauern rüstiglich

Und steht für einen Mann.

Wenn krachend auch das letzte Dach

In Feuersflammen dampft,

's ist besser als wenn Feindes Fuß Dunedins Straßen stampft."

5.

Herein trat Randolph Murray,

Sein Schritt war schwer und schwach,
Und wie er abthat seinen Helin,

Sein Aug' in Thränen brach;

Sie fielen auf die Brünne

Und auf die Schuppenhand,

Wie schmerzvoll auf sein Schwert gelehnt

Er um sich schauend stand.

Und alle die ihn sahen

Kam Furcht und Bangen an,

Denn nimmer gab's im Lanzenstoß

So eisern kühnen Mann.

Sie wußten: furchtbar lautet

Des trüben Boten Mähr!

Und alle waren Väter,

Und die Söhn' im Königsheer.

6.

Auf stand vom Siz der Schultheiß,

Ein wackrer alter Mann,

Von altem Ruhm und Rittertum,

Der manchen Preis gewann.

Ein kleiner König waltet' er

Der erste in der Stadt,

Ein Mann der gegen Fürst und Pair

Des Städters Recht vertrat.

Er hat die Schar vom Borough-Moor

Marschiren sehn zum Krieg,

Mit Jauchzen und mit Kling und Klang,

Mit Jugendlust und Jugendschwank,

Wie zum gewissen Sieg.

Doch was noch näher ging ans Herz,
Mit stolzem Vatersinn

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