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sich auf ihrem gekräuselten Haare und bog sich neus y. Thummel, gierig über ihren wallenden Busen, der unter den feinen Spißen aus Brabant hervorblickte, wie der volle Mond hinter den Sprößlingen eines jungen Orangenwäldchens. Nach ihr sprang der ansehnliche Hofmarschall unter die Menge der erstaunten Bauern, die heute Arbeit und Tagelohn vergaßen, um das Fest ihres Hirten zu begaffen. Ein gewässertes Band hing schief über dem lazurblauen Sammte seines Kleides; und der milde Einfluß seines Gestirns zeigte sich auf allen Gesichtern, und nöthigte dem unhöflichsten Dres Escher den Hut ab. Alle Blicke wandten sich ißt eins zig auf den gestempelten Herrn nicht Einer fiel mehr auf Wilhelminen. Diese werden wir noch oft, dachten die Bauern, als Frau Magisterin bewundern, aber einen Hofmarschall sitht man nicht alle Tage. So vergisst man das alles bescheinende Licht des Olymps, wenn eine seltene_Nebensonne erscheint, die plößlich entsteht und verschwindet.

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Ein anderer Schlitten, unter dem Zeichen des Mars, der (eine seltsame Erfindung des wißigen Bilds hauers!) auf einem Ladestock ritt, lieferte zween aufs gedunsete Müssiggånger am Hofe, Kammerherren ges nannt. Einst hatten. fie in ihrer Jugend als hißige Krieger einen einzelnen furchtsamen Räuber verjagt, und sich und dem geångstigten Prinzen das Leben ers rettet. Zur Belohnung hatten sie sich dieses unthätige Leben erwählt, genossen einer feistmachenden Pension, erzählten immer die große That ihres Soldatenstandes

und gönnten gern ihre lårmende Gegenwart einem jeglichen Schmause. So lebten einst die Erhalter des Kapitols, jene berühmten Gänse, von den Wohlthas ten der dankbaren Römer; ohne Furcht geschlachtet zu werden, fraßen sie den ausgesuchten Waizen von Las tiums Feldern, für einen wichtigen Dienst, den eine jede andere schnatternde Gans mit eben der Treue verrichtet hätte. Der flüchtige Merkur und vier schnaubende Rappen brachten die pigmåische Figur eiz nes affektirten Kammerjunkers gefahren Stolz auf Beifp. Samml. 5. B.

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einen

v. Thummel. einen eingebildeten guten Geschmack, erseßten seine reichen Kleider den Mangel seines Verstandes. Zus versichtlich besah er heut eine glänzende Weste, die, wie die weiße Wamme eines drollichten Eichhörnchens, unter seinem rothplüschnen Rocke hervorleuchtete; und fröhlich dacht er an die Verdienste der weit kostbarern zurück, die sich noch in seiner Garderobe befanden. Ein paar blißende Steinschnallen, und eine Dose von Saint Martin erschaffen, waren ihm das, was eis nem rechtschaffenen Manne ein gutes Gewissen ist — sie machten ihn zufrieden mit sich selbst, und dreift in jeder Gesellschaft. Iht lief er gebückt in die Pfarre hinein; gebückt, als ob sein kleiner Körper befürchtete, an die altvåtrische Hausthüre zu stoßen, die gothisches Schnitzwerk verbråmte. Nun aber kam unter der Anfüh rung einer gefälligen Minerva ein einzelner vernünfs tiger Mann gefahren, der, wenig geachtet von den Weis fen des Hofs, den Befehlen seines Herzens mit strengem Eigensinne folgte. Nie erniedrigte er sich zu der Schmeichelei, und nie folgte er der Mode des Hofes, die das Hauptlaster des Fürsten zu einer Tugend ers hebt, und durch Nachahmung billigt. Vergebens (konnt' es wohl anders sepn?) hofft' er in diesem Ge tümmel ein nahes Glück, hier wo man nur durch feine Kånke gewinnt, und wo die Blicke der Großen mehr gelten, als ein richtiger Verstand und Tugend und Wahr: heit. Er war es, der Wilhelminen zuerst mit glimpfs lichten Worten, vor der weiten Gefahr warnte, in die ihr Leichtsinn, und die verjährte List eines wollüs stigen Hofs ihre Jugend verwickelte; der ihr zuerst den Gedanken erträglich und wünschenswerth machte, wies derum die heitere gesundere Luft ihres Geburtsorts zu athmen. Mit innerer Befriedigung sah er, daß der heutige Tag seine Bemühung krönte und dieses frohe Gefühl beschäftigte ihn einzig in dem Taumel einer thos rigten Gesellschaft. Ungern sah ihn der Hofmarschall in dem Kreis seiner Lust Er aber ertrug unge, kränkt diese ehrende Verachtung und gab sich gern eis nem unruhigen Tage Preis, um ein verirrtes Måd: chen in einer glücklich entschlossenen Tugend zu står:

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ten.

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ten. Zischt ihn aus ihr Lieblinge und Weisen des y. Thimmel, Hofs! Was helfen ihm alle seine Verdienste? Daß sie einst vielleicht, in Stein gehauen, auf seinem Grabmaale fißen und weinen? O wie thdricht! den Ges boten des Himmels zu gehorchen, wo ein Fürst bes fiehlt, und auf dem einsamen Wege der Tugend zu wandeln, wo noch kein Hofmann eine fette Pfründe erreicht hat. Wenn eine falsche schwankende Uhr des Stadthauses den Vorurtheilen der Bürger gebietet, so betrügt uns oft unsere wahre Kenntniß der Zeit um ihren Gebrauch: denn hier wo ein jedes dem allgemeis nen Irrthume folget, den eine summende Glocke auss breitet, und die entfernte Sonne für nichts achtet, was hilft es hier dem gewissen Sternseher, daß er sich alleine nach ihren Befehlen richtet - und den Wahn der Stadt verlachet - und seine Stunden nach der Natur misst? Mit allen seinen Calendern wird er bald sein Mittagsmahl bald den Besuch seiner Geliebten, und den Thorschluß vers säumen.

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Zwei würdige Gesellschafter beschlossen den Ein zug in einem alten Schlitten, den ein unscheinbares Bildniß beschwerte Ob es einen nervigten Vulkan oder einen aufgeblähten Midas vorstellte, war für die Kunstrichter ein Räthsel. Ein halbgelehrter Pas tritius, ehemaliger Hofmeister des Marschalls, am Stande, so wie an Wissenschaften, weder Pferd noch Esel nahm die eine Hälfte des breternen Sites ein, und auf der andern saß ein graugewordener Hofs narr, der mühsam den ganzen Weg hindurch auf Einfälle dachte, in Bersen und Prosa, die hohe Ges sellschaft zu erlustigen: aber sein leerer Kopf blieb ohne Erfindung. Oft weinte der arme, daß sein Alter ihm das Ruder aus den Hånden wand, das er so lange glücklich regieret, und um welches sich ist der fürstliche Läufer, der Oberschenk und eine dicke Tyrolerin rissen.

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v. Thummel.

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Niemand ward mehr erwartet, als die junge Comtesse. Der Hofmarschall stand unbeweglich an dem offenen Fenster, und seine feurigen Blicke fuhren, durch ein ungeduldiges Fernglas, auf den Weg hin, wo die schöne Clarisse herkommen sollte. Wims mernd rang der angstvolle Magister die Hände, und versicherte ohne Aufhören dem argwdhnischen Hofs mann: „Die junge Dame werde gewiß kommen. „Ach! sagte er, sie hat mir ja mit der aufrichtigs „ften Miene versprochen, meine schwere Bedingung „erfüllen zu helfen, und sie wird mich gewiß nicht ,,in meinen Nöthen verlassen." Unterdessen war auch schon der theure Mann angelanget, der dieß Brautpaar fester verbinden sollte. Auf dem benach barten Dorfe, wo niemand die Reizungen einer Wils helmine kannte, hatt' er von den drei Seiten seiner hölzernen Kanzel trogig gefragt: Ob jemand wider das Aufgebot seines Freundes etwas einzuwenden Håtte? Und dreymal hatt er die Verläumdung mit diesen mächtigen Worten gebannt: der schweige nachs mals still! Sein frommfarbigter Mantel bedeckt' ein wildes Herz; ohne Neigung war er ein Geistlicher, und in diesem gezwungenen Stande ward er selbst in einem Amte mager, das seit dreihundert Jahren die Schwindsüchtigen fett gemacht hatte. Mosheim und Cramern kannt' er nicht: er sprach aber gern von dem General Ziethen und von dem lustigen Treffen bey Rosbach. Seine Bauern, wild, wie er selbst, konnt' er lange nicht durch die Bibel bezähmen — aber es glückte ihm nach einer neuen Methode. Denn eh' er seinen Rednerstuhl bestieg, besah er sein florentinisches Wetterglas, und rief prophetisch alle die Beráns derungen von seiner Kanzel, die es ihm ankündigte. Bald wahrsagt' er der ungezogenen Gemeinde Regen und Wind in der Heuernde: bald aber beglückt' er sie, zum Troste, mit einem warmen Sonnenschein in der Weinlese. Die gerührten Bauern bewunderten den neuen Propheten, besserten ihr Leben, und beseßten seitdem alle Stühle der Kirche. Nach einer langen gefeierten Pause erschien endlich die erseufzte Gots

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tin, köftlich in ihrem Schmucke, und wunderschön p. Thümmel. von Natur: und welch ein Glück für den Hofmars schall! ohne Gouvernantin erschien sie. Die Furcht vor einem Hochzeitgeschenke hatte diese geizige Seele zurück gehalten; und die sonst nie von der Seite ihrer jungen Dame wich, überließ heute zum erstenmal den langbewahrten Schat einem liftigen Geliebten, der die Zeit zu gebrauchen weiß. Mit funkelnden Augen empfing er die Schöne, auf deren Wangen sich eine warme Röthe verbreitete, da sie ihm die glaßirte Hand reichte, die auch in dem Augenblicke zärtlich gedrückt war. Und nun war die ganze Bedingung erfüllt, die das Schicksal des armen Dorfpfarren bestimmte. Die vornehme Versammlung begleitete ihn zur vollen Kirche, wo er durch ein vielbedeutendes Ja! vor der ganzen Gemeinde gesprochen, von seiner reizenden Braut alle die mystischen Rechte der Ehe, und das beschlossene Glück und Unglück seines gefesselten Les bens, mit Freuden empfing. Mit einer zurückhals tenden bescheidenen Miene empfing auch Sie von seis nen Lippen das Blanket der Liebe, worauf die eigens sinnige Zeit ihre Befehle schreiben wird, die kein Thrås nenguß auslöscht. Ein geheimer Neid saß in den glatten Stirnen und in den Runzeln der weiblichen Gemeinde: aber die Männer blickten ihren beweibten Hirten mit lächelndem Mitleid an; denn die Erinnerung ihres ehemaligen glücklichen Traums, der heut' auch über ihrem Pfarrern schwebte und das was che Bewusstseyn ihres ißigen Schicksals bracht' ein ernsts hastes Nachdenken in ihre Gemüther. Und nun bes saß der Beglückte seine Braut, die ihm kein Sterbs licher wieder entreiffen konnte. Nun hab' ich sie endlich erhascht, die fröhlichen Minuten, dacht er, die mir vier Jahre lang entwischt waren; und voll Empfindung seines Glücks, drückt' er oft seiner angetrauten Wilhel mine die kleine Hand, und führte sie mit triumphirens der Nase nach Hause. Aber ein wunderlicher unvers sehener Gedanke, der sich wider alles Vergnügen aufs lehnte, stieg ißt aus dem klopfenden Herzen der ars men Verlobten empor Ist dieß nicht, seufzte sie & 3

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